Mülheim. Der 1942 geborene Naturwissenschaftler war einer der Architekten des rot-grünen Bündnisses Mitte der 90er Jahre. Damals führte er die grüne Fraktion im Stadtrat. Er war ein leidenschaftlicher Naturliebhaber, belesen und hatte Sinn für Humor. Am Freitag ist er nach langer, schwerer Krankheit gestorben.

Wolf Jürgen Richter (Foto) hat Spuren hinterlassen. Er war einer der Architekten des schwarz-grünen Bündnisses, Mitte der 90er Jahre das erste dieser Art in einer Großstadt. 1994 war er Fraktionschef und blieb es bis 1999. Das Bündnis galt als Notgemeinschaft gegen SPD-Filz, führte die grüne Partei aber in eine Zerreißprobe; unter der Leitung von Lothar Reinhard spaltete sich fast ein Drittel ab und gründete die MBI.

„Das Interessante war ja, dass die Grünen in Mülheim ein linker Ortsverband waren“, erinnert sich CDU-Parteichef Andreas Schmidt. Richter, der den Realos angehörte, war da ein wichtiges Bindeglied, weil er nicht verbissen parteipolitisch dachte, sondern das Bündnis als Chance sah und das Experiment durch seine Verlässlichkeit über Jahre am Leben hielt. Es zerbrach dann erst 1999 an der Benennung des CDU-Geschäftsführers Stefan Zowislo zum Chef der Stadtmarketinggesellschaft.

Schlagfertigkeit und eine Prise Ironie

Drei Dinge fielen auf, wenn man den 1942 geborenen promovierten Chemiker traf, der für das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung arbeitete: Seine Belesenheit, die es ihm ermöglichte, über nahezu jedes Thema qualifiziert zu reden, sein trockener Humor und die Terrier-Mischung, die sich in seiner ständigen Begleitung befand. „Man konnte sich auch mit ihm streiten, und das haben wir auch gelegentlich getan“, erinnert sich sein Weggefährte Hubert Niehoff, aber dann sei Richter nie polemisch oder persönlich geworden. Seine Schlagfertigkeit und eine Prise Ironie verschafften ihm Distanz zu den Dingen. Hartmut Kremer, der in den 90ern Sprecher der Grünen war, beschreibt Richter denn auch als ruhenden Pol, der versuchte, die unterschiedlichen Strömungen zu integrieren. Der Umweltschutz war ihm eine Herzensangelegenheit, in den Ruhrauen konnte man ihn oft bei ausgedehnten Spaziergängen treffen. Er saß auch für die Grünen im Umweltausschuss, war über viele Jahre Parteisprecher und auch ihr Bundestagskandidat.

Wilhelm Knabe, Mitbegründer der Grünen, beschreibt Richter als einen sehr noblen, hilfsbereiten Menschen. Gemeinsam hätten sie sich schon in den frühen 70er Jahren um den Umweltschutz, unter anderen bei Kursen in der VHS gekümmert.

Nach langer schwer Krankheit ist Wolf Jürgen Richter am Freitag zu Hause gestorben, wo er bis zuletzt von seiner Ehefrau versorgt wurde.