Mülheim. . Für den Erhalt dieser uralten, seltenen, prägenden oder besonders schönen Baumriesen in Mülheim tut die Stadt eine ganze Menge. Zweimal im Jahr werden sie kontrolliert und notfalls, wann immer möglich, behandelt. Viele Privateigentümer sind durchaus stolz auf das persönliche Denkmal.

Kreist die Kettensäge in Mülheim zu leichtfertig? Die letzten Debatten legen diesen Schluss nahe. Doch es ist so: Ein Stadtbaum wird im Durchschnitt (wer auch immer das ausgerechnet hat) nur 69 Jahre alt. Neben Pilzen und Fäule setzen ihm Streusalz, Wassermangel oder Bauarbeiten zu. Nur wenige der Riesen haben das Glück, groß und alt und schließlich . . .

. . . ein Naturdenkmal zu werden. In der Ruhrstadt haben das immerhin 300 Laubriesen an 120 Standorten geschafft. Und für den Erhalt der geschichtsmächtigen Eichen und Weiden, Platanen und Blutbuchen treibt die Stadt großen Aufwand, oft im Zusammenspiel mit stolzen Eigentümern. Denn wer hat schon ein Naturdenkmal? Was muss ein Baum tun, um ein Denkmal zu werden? Er muss alt sein, mindestens 100 Jahre, erklären Hubert Weiler (65, Chef der unteren Landschaftsbehörde) und Mitarbeiter Oliver Wexel (42). Prägend für das Ortsbild, wie einige prächtige Einzelbäume. Selten, wie eine Hand voll Esskastanien. Oder einfach nur schön, so wie man sich einen Baum vorstellt. Hoch, gerade, mit ausladender Krone.

300 geschützte Bäume an 120 Standorten

Der Begriff des Naturdenkmals wurde mit einer bundesweiten Verordnung 1965 eingeführt. Unter ihrem Schutz stehen in Mülheim 117 Bäume an 77 Standorten im Innenstadtbereich.

1973 folgte das Landschaftsgesetz, dem Mülheim 1982 den ersten Landschaftsplan in NRW folgen ließ. Darin sind weitere 183 schützenswerte Naturdenkmale an 43 Standorten in Außenbereichen erfasst.

Die ältesten Bäume in Mülheim sind rund 250 Jahre alt, eine Eiche und zwei Esskastanien an der Parsevalstraße, zwei Buchen im Wald bei der Reha-Einrichtung „Maria in der Drucht“ im Südwesten. Der größte ist eine Platane an der Ecke Wilhelm-/Bleichstraße: 35 Meter hoch, 5,80 Meter Umfang misst der Stamm und 33 Meter die Krone. Eine 150 Jahre alte Wucht von einem Wuchs. Der dickste Holzöschi steht an der Friedrich-Ebert-Straße, gegenüber der Wilhelms-Hütte, eine Platane: Sechs Meter Umfang misst ihr Stamm.

Bäume dürfen nicht zur Gefahr werden

Der Bestand an diesen lebenden Denkmalen ist seit über 30 Jahren ziemlich stabil. Selten nur muss einer weg oder fällt bei Sturm um, ebenso selten kommen neue hinzu. Bei der letzten Ergänzung der Liste 2009 wurden zehn Bäume neu eingetragen. Die Eigentümer stimmen meist zu. „Das hat ja auch Vorteile”, sagt Hubert Weiler. „Wir übernehmen dann die Sicherungspflicht.”

Zweimal im Jahr werden die Gehölze begutachtet. Da sind Bäume nicht anders als Menschen: Senioren kränkeln bisweilen. Entdecken Weiler und seine Mitarbeiter Pilzbefall, Schädlinge oder schüttere Kronen, guckt ein Gutachter noch mal genauer hin. Wenn’s irgend geht, geht Erhalt vor Fällung. An vielen Denkmalen sind Reparaturen und Sicherungen zu sehen. Doch: Zur Gefahr dürfen Bäume nicht werden. „Wenn’s stürmt, schläft der Weiler schlecht”, sagt Mülheims oberster Baumhüter. Wie ernst die Stadt den Denkmalschutz für Bäume nimmt, ist neben einer Kita in der Innenstadt zu sehen. Dort hat eine Pracht-Platane ein Grundstück für sich. Die Stadt verzichtete auf den Verkauf der Parzelle, um den Baum zu erhalten. Der Straßenname „Grüneck” passt hier richtig gut.

Seit 36 Jahren gehören die Naturdenkmale zum Geschäftsbereich von Weiler. Hat er einen Lieblingsbaum? Er lacht. „Nein, mir sind alle gleich ans Herz gewachsen.”