Mülheim. Gerhard Bennertz kennt die israelische Partnerstadt und seine Menschen von vielen Reisen. Kfar Saba wächst rasant. Partnerschaft mit Mülheim besteht seit 20 Jahren.
„Bevor ich mit einer Gruppe nach Kfar Saba fahre, lege ich Wert darauf, meine Teilnehmer darüber zu informieren, wie die Menschen sind, die sie treffen werden“, betont Gerhard Bennertz, ehemaliger Berufskolleg-Lehrer und evangelischer Theologie, der die Städtepartnerschaft mit Kfar Saba seit 1993 betreut. In der israelischen Stadt, die 1903 gegründet wurde und in einigen Jahren 100.000 Einwohner zählen wird, leben nordafrikanische und osteuropäische Juden sowie Juden westeuropäischer Abstammung – jede Gruppe mit eigenen kulturellen Eigenheiten, erklärt Bennertz, der den Vorderen Orient bereits 35 Mal bereist hat.
Als Mülheim sich damals eine Partnerstadt in Israel gesucht habe, sei eine Bedingung gewesen, dass ehemalige Mülheimer dort leben. Mülheim wollte von Anfang an einen lebendigen Kontakt schaffen, so Bennertz. Aber es gebe auch Neu-Bürger, wie zum Beispiel Daniela Petrulis-Sarx, die ihren Mann im Rahmen der Städtepartnerschaft kennen gelernt habe. „Nach all den Jahren kenne ich die ganze Stadtspitze und -verwaltung, dort kümmert sich ein Ausschuss um die Städtepartnerschaften.“ Das klappe sehr gut. In diesem Jahr komme zu den verspäteten 20. Jubiläumsfeierlichkeiten eine Gruppe nach Mülheim. Die Bürgerreise nach Israel finde im Oktober statt, so der Leiter des Kompetenzteams Kfar Saba.
Mit der Bahn durch Israel
Bennertz schwärmt vom „Großvaterdorf“ (Übersetzung), der guten Infrastruktur, dem neuen großen Park und vor allem von den Menschen, die dort leben. „In den Jahren habe ich sicher schon jede Straße abgelaufen und spreche auch gerne mal Schüler im Bus an, ob sie die Partnerstädte kennen.“
Wenn die Gruppe in Israel unterwegs sei – Tel Aviv sei nur 15 km und Jerusalem rund 100 km entfernt, nehme er neben dem Bus gerne auch die Bahn, mit der man sich in Israel wunderbar fortbewegen könne, so der Eisenbahnfan. Die Verständigung ist für den 76-jährigen Altsprachler kein Problem, und wo er mit seinem Hebräisch (das moderne Hebräisch heißt Evrit) nicht weiter komme, könne man sich gut auf Englisch verständigen.
Eine Woche lang Teil der Familie
Gute Beziehungen pflegen die Willy-Brandt Gesamtschule, das Berufskolleg Stadtmitte oder die Ev.-Freikirchliche Gemeinde Mülheim. Alles in allem sei Kfar Saba eine junge und aufstrebende Stadt mit vielen Grünflächen, in der die Menschen gerne leben. Die Region ist sehr dicht besiedelt und die Nachbarstädte beginnen direkt an den Stadtgrenzen von Kfar Saba. „Das Spannendste sind für mich aber die Begegnungen mit den Menschen!“, sagt Gerhard Bennertz.
Das findet auch Sabine Kuzma, für Stadt und Förderverein in Sachen Städtepartnerschaften unterwegs. Ihr erster Besuch in Kfar Saba sei sehr beeindruckend gewesen. Das Faszinierendste war für sie, wie wunderbar sie in „ihre“ Gastfamilie aufgenommen worden sei. „Ich habe mich während dieser Woche wirklich als Teil der Familie gefühlt und war von der Herzlichkeit tief beeindruckt. Ich bin ihnen heute noch für diese wunderbare Woche dankbar und werde diese Eindrücke, die sie mir vermittelt haben, bestimmt nie vergessen.“
Informationen zu Kfar Saba, Israel
Lage: 15 km nordöstlich von Tel Aviv in der Sharon Ebene, im israelischen Center Distrikt, 10 km östlich des Mittelmeers
Einwohner: 90 000 (2013)
Wirtschaft und Bildung: Hochtechnologie, sechs Gymnasien, anerkanntes Hospital
Geschichte: Kfar Saba geht zurück auf die mittelalterliche Siedlung Chabarzaba. Der erste Ortsrat wurde 1939 gewählt.
Sehenswürdigkeiten: Kulturzentrum Yad Labanim, Archäologiemuseum
Weitere Partnerstädte: Wiesbaden, Beit Jann (Israel), Delft (NL), San José (Costa Rica), Jinan (China), Columbus (USA)
Homepage: www.kfar-saba.muni.il
Bürgermeister Püll: „Kontakt zu Israel ist wichtig“
Der Blick vom hohen Wasserturm, der in der Mitte von Kfar Saba steht, gehörte für Bürgermeister Markus Püll mit zum beeindruckendsten Erlebnis eines Kfar Saba Besuchs. „Man blickt auf das 800 Meter entfernte Palästina und das zwölf Kilometer entfernte Meer und bekommt einen Eindruck von der besonders brisanten Lage der Stadt, die an der engsten Stelle Israels liegt“, so Püll.
In seinem Amt als Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, ein Verein von Menschen aus Oberhausen, Duisburg und Mülheim, liegt ihm und den Mitgliedern die Aussöhnung zwischen Deutschland und Israel am Herzen. 2008 und 2010 hat er, offiziell als städtischer Vertreter sowie als Bürger, die israelische Stadt und das Land bereist und war sehr beeindruckt vom Umgang der Menschen miteinander. „In Kfar Saba gingen die Menschen besonders respektvoll miteinander um. Als die Grenzen zu Palästina noch offen waren, habe es Besuche und Annäherungen des damaligen Oberbürgermeisters Hans-Georg Specht und der Bürgermeister von Kfar Saba und der palästinensischen Nachbarstadt Kalkilia gegeben, erinnert sich Püll. Das sei heute leider nicht mehr möglich.
Erfinder des Computer-Sticks
Während der ersten offiziellen Reise habe er im Genossenschaftshaus Beit-Berl gewohnt. Da Kfar Saba kein Hotel habe, wurden Besucher der Stadt gerne dort in Gastzimmern untergebracht. Mit städtischen und Fördervereins-Mitteln sei dort einmal ein Raum renoviert worden. Der heiße heute „Mülheim an der Ruhr“.
Beim seinem zweiten Besuch, der Bürgerreise des Fördervereins, habe er in einer Familie gewohnt. Mit dem Ehepaar Goldstein konnte er sich auf deutsch und englisch bestens verständigen. „Die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft war sehr groß“, bekräftigt Püll. Die israelische Partnerstadt sei eine schöne Stadt, findet Markus Püll. Klein, kompakt, mit einen schönen Stadtkern – eine Denkerstadt. Der Erfinder des Computer-Sticks stamme aus Kfar Saba.