Mülheim. In diesem Jahr feiert die Städtepartnerschaft von Mülheim und Oppeln (Polen) ihren 25. Geburtstag. Adam Wagemann, Leiter des Mülheimer „Kompetenzteams Oppeln“, freut sich auf das Jubiläumsjahr. Er lässt die Städtepartnerschaft Revue passieren.

Adam Wagemann ist gebürtiger Oberschlesier und stammt aus Kattowitz, einer Stadt rund 100 km entfernt von Mülheims Partnerstadt Oppeln. Seit 26 Jahren lebt der Buchhalter mit seiner Frau und seinen drei mittlerweile erwachsenen Kinder in Mülheim.

Vor zehn Jahren hat er auf Bitten des damaligen Fördervereins-Vorsitzenden Peter Wolfmeyer die Leitung des Kompetenzteams Oppeln übernommen, „und ich bereue es nicht“, sagt der freundliche Mann bescheiden. Zwei Reisen habe er in dieser Zeit bereits begleitet, die dritte Busreise wird in diesem Jahr, dem 25-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft, vom 13. bis zum 22. Juni stattfinden.

Venedig an der Oder

„Wir werden Ober- und Niederschlesien besuchen und das Riesengebirge“, erklärt Wagemann. Der dreitägige Schwerpunkt liege allerdings auf dem Besuch in Oppeln bzw. Opole, wie die Hauptstadt der gleichnamigen „Woiwodschaft“ (Verwaltungsbezirk) heißt. Knapp 900 € kostet die neuntägige Reise, für Nichtmitglieder 950 €.

In der großen Region um Oppeln leben 300.000 Menschen mit deutschen Pässen, Deutsch wird zum Teil schon ab der Grundschule unterrichtet, in einigen Regionen ist die Straßenbeschilderung zweisprachig. Deutsch-polnische Vereine gebe es dort allerorten, so Adam Wagemann. „Die meisten Teilnehmer der Bürgerreisen sind in der Zeit zwischen 1930 und 1950 geboren“, sagt er.

Junge Mülheimer in Oppeln

Der Förderverein habe deshalb immer intensiv versucht, junge Menschen für den Austausch zu begeistern. So seien Schüler des Saarner Berufskollegs zum Praktikum bei der Firma Zott in Oppeln gewesen. Regelmäßig würden Studenten mit Hilfe des Fördervereins zum Praktikum ins Oberschlesische Museum nach Ratingen vermittelt. 2013 besuchten zwei Gruppen der Karl-Ziegler-Schule und das Berufskolleg Lehnerstraße Oppeln.

Adam Wagemann gefällt an Oppeln der Marktplatz mit dem großen Rathaus am besten. „Man spricht auch von dem Venedig an der Oder. Abends ist das Zentrum der Stadt schön beleuchtet.“ Oppeln sei eine junge Stadt, mit einer erst 1992 gegründeten internationalen Universität, an der bereits rund 30.000 Studenten eingeschrieben sind.

Oppelner Delegation kommt im September

Für Mülheim und Oppeln ist 2014 ein besonderes Jahr. Die Partnerschaft jährt sich zum 25. Mal. „Zwischen dem 15. und dem 20. September kommt zu diesem besonderen Anlass eine Delegation aus Oppeln nach Mülheim, und wir werden neben den offiziellen Terminen die Region vorstellen“, erklärt Adam Wagemann, den mittlerweile Freundschaften mit der Oppelner Stadtspitze verbinden.

Bemerkenswert findet Wagemann, dass der Partnerschaftsvertrag im April 1989 unterzeichnet worden ist, als die Kommunisten noch an der Macht waren. Besonders enge Bindungen haben sich zwischen den Feuerwehren der beiden Städte entwickelt, seitdem 1997 die Mülheimer Feuerwehr während des katastrophalen Oder-Hochwassers den Oppelnern spontan und unbürokratisch zu Hilfe gekommen ist.

Katastrophe von 1997 verbindet Feuerwehren 

Der Austausch zwischen den Feuerwehren Mülheim und Oppeln wird von beiden Seiten sehr intensiv gepflegt. Rudolf Wilczek bestätigt das. „Die sind bei uns wie zu Hause und wir bei denen“, schwärmt der aus der Region Oppeln stammende, von 1979 bis 2012 bei der Mülheimer Feuerwehr beschäftigte Wilczek.

Start der Freundschaft 1997

Begonnen habe die Freundschaft 1997. Er erinnert sich, dass wegen des katastrophalen Oder-Hochwassers, Oppeln war bereits seit acht Jahren Partnerstadt, eines Sonntags der Krisenstab in den Räumen der Feuerwehr tagte. „Ich hatte Dienst und dachte: Aha, jetzt tut sich was.“ Der damals frischgebackene Chef Burkhard Klein rief ihn zu sich, weil er polnisch spricht. Trotz Stromausfall konnte Wilczek in Oppeln schließlich jemanden erreichen.

„Der Kollege sagte nur: Wir stehen komplett unter Wasser. Bei uns wird alles gebraucht!“ Rasch wurde eine Vorhut aus Feuerwehr, DRK und städtischen Betrieben zusammengestellt. Am selben Tag ging es mit einem Container voller Ausrüstung los. „Wir waren die ersten Helfer, mussten große Umwege fahren, um überhaupt in die Stadt zu gelangen“, erinnert sich der Rentner, der zehn Tage blieb und mit Kollegen versuchte, den überschwemmten Zoo wieder trockenzulegen.

Bis zur Erschöpfung den Dolmetscher gegeben

Irgendwann wurde er ins Rathaus gebeten, um bis zur Erschöpfung zu dolmetschen. „Da gab es ja kurz nach der Wende noch alte Seilschaften. Von den deutschsprachigen Polen hatte sich zuerst niemand gemeldet, weil sie Angst hatten, offiziell Deutsch zu sprechen.“ So entwickelte sich in der Krisenzeit ein gegenseitiges Vertrauen.

Man habe bis heute die gleiche Wellenlänge, sagt der ehemalige Feuerwehrmann. Heute nehmen die Oppelner Kollegen an Übungen in Mülheim teil. Wenn die Mülheimer Feuerwehr dort ist, wird ein besonderes Programm zusammengestellt. „Mit der Überschwemmung fing die Freundschaft an. So ist aus dem Leid der schlimmen Zeit etwas Gutes erwachsen“, findet Rudolf Wilczek.