Mülheim an der Ruhr. . Mit einer Veranstaltung wollen die Mülheimer Initiative für Toleranz (M.I.T.), das Agendabüro und die Stadtbibliothek Mülheim am 10. Mai an die Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten erinnern. Jeder, der mag, kann Texte aus der „Liste der verbrannten Bücher“ vortragen.

Kurt Tucholsky, Thomas Mann oder Bert Brecht – das sind nur drei Literaten von Hunderten, deren Schriften im Nationalsozialismus verboten wurden. Die Nazis „säuberten“ ab 1933 deutsche Unis, Schulen, Bibliotheken und Buchhandlungen von Literatur, die nicht ihrer Ideologie entsprachen. Vor allem in den großen deutschen Städten türmten sie verbotene Bücher zu Scheiterhaufen auf und zündeten diese an. Die Mülheimer Initiative für Toleranz (M.I.T.), das Agendabüro und die Stadtbibliothek Mülheim laden am Samstag, 10. Mai, dem Jahrestag der Bücherverbrennungen von 1933, zu der Aktion „Mülheim liest aus verbrannten Büchern“ auf den Synagogenplatz ein. Dort kann jeder Texte aus der „Liste der verbrannten Bücher“ vortragen.

Bereits im vergangenen Jahr hatten Inamaria Wronka (M.I.T.) und Hartmut Kremer vom Agendabüro die Idee, eine Lesung zum Jahrestag auf die Beine zu stellen. „Vorbild dafür war die Stadt München, in der solche Lesungen bereits jedes Jahr stattfinden“, erklärt Inamaria Wronka. Am 10. Mai können also Bürger zwischen 11 und 14 Uhr auf dem Synagogenplatz vor dem Medienhaus Platz nehmen und einen Part aus einem der im Nationalsozialismus verbotenen Bücher vorlesen.

„Ich selbst trage zum Beispiel Gedichte des Dichters Yvan Goll vor.“ Vor allem Klassiker bekannter Autoren wie Erich Kästner, Maxim Gorki oder Kurt Tucholsky werden zu hören sein, so Wronka. „Mitbringen können die Teilnehmer aber, was sie möchten.“ Ein Mikro wird bereitstehen, dazu Tisch und Stuhl. Vorlesen darf jeder, vom Schüler bis zum Senior. „Und vielleicht kommen am Rande viele interessante Gespräche zustande“, hofft Inamaria Wronka.

Symbolischer Akt der Einschüchterung und der Machtdemonstration

Gab es in Mülheim eigentlich auch groß angelegte Bücherverbrennungen? „Nein“, sagt Dr. Kai Rawe, Leiter des Mülheimer Stadtarchivs. „Solche offiziellen und öffentlichen Verbrennungen waren vor allem Propagandaveranstaltungen, die in Universitätsstädten durchgeführt wurden“, weiß der Historiker. Als symbolischer Akt der Einschüchterung und der Machtdemonstration.

Trotzdem wurde die Nazi-Ideologie auch vor Ort erzwungen, die „Säuberung“ kam auch in ­Mülheimer Bibliotheken an. „Aus den öffentlichen Büchereien ­mussten die Werke, die auf dem Index standen, aus den Regalen entfernt werden.“ Diese wurden zwar nicht verbrannt, aber teils vernichtet und teils eingelagert, so Kai Rawe.

Auch bekannte Mülheimer lesen mit

Am 10. Mai werden auch bekannte Mülheimer auf dem Synagogenplatz lesen. „Zugesagt haben Planungsdezernent Peter Vermeulen, Christian Mangen (FDP) oder Olga Teplytska, Sprecherin des Jugendstadtrates“, so Hartmut Kremer (Agendabüro). Wer Lust hat, auch zu lesen, kann sich gerne melden. Zwischen dem 10. Mai und dem 21. Juni 1933 wurden im Zuge der „Aktion wider den undeutschen Geist“ an vielen Orten in Deutschland öffentlich Bücher verbrannt. Verbrannt wurden Werke der „Schwarzen Listen“, die Bibliothekar Wolfgang Herrmann erstellt hatte.