Duisburg/Mülheim. Das Landgericht Duisburg rät Mülheims Awo dringend zur gütlichen Einigung mit ihrer geschassten Geschäftsführerin Adelheid Zwiling. Andernfalls wäre der Kündigungsschutzklage Ex-Geschäftsführerinwohl stattzugeben. Nun geht es um die Höhe der Abfindung.

Die Anspannung ist Adelheid Zwilling anzumerken. Nahezu während der gesamten Güteverhandlung am Landgericht Duisburg hält sie ihre unruhigen Hände unter dem Tisch, zuppelt an ihren Fingern herum. Sichtbar angestrengt, ihre Nervosität zu unterdrücken. Es geht der vor einem Jahr geschassten Awo-Geschäftsführerin nicht nur um ihre Klage gegen die fristlose Kündigung. Adelheid Zwilling, in Mülheim aus ihrer langjährigen Tätigkeit für die Awo vielfach geschätzt, kämpft um ihren Ruf. Am Ende der ergebnislosen, aber doch signalreichen Verhandlung, als die Anspannung langsam abfällt, lächelt Zwilling wieder. . .

Ohne Einhalten einer gesetzlichen 14-Tages-Frist hatte die Arbeiterwohlfahrt ihre zweite Geschäftsführerin zum 1. März 2013 vor die Tür gesetzt. Das Vertrauen sei zerrüttet, war zunächst die einzige Erklärung seitens der Awo. Kurz vor der Güteverhandlung nun reichte der Wohlfahrtsverband dem Gericht einen bunten Strauß an etwaigen Kündigungsgründen nach (wir berichteten). Sei es, dass Zwilling – mitunter risikoreiche – Geschäfte ohne Rückkopplung mit Vorstand und ihrem Co-Geschäftsführer Lothar Fink abgeschlossen habe, sei es, dass sie ihren Dienstpflichten nicht nachgekommen sei – etwa das Familienbildungswerk zu sanieren oder eine Rezertifizierung der Awo als Bildungsträgerin sicherzustellen.

Bunter Strauß an Vorwürfen

Offenbar erachtete die Awo es für die Gerichtsverhandlung für nötig, jede noch so kleine, vermeintliche Verfehlung Zwillings aufzulisten. So auch, dass sie sich auf Kosten der Awo jede Woche für 15 Euro einen Strauß Blumen habe in ihr Büro liefern lassen. . .

All diese Vorwürfe blieben zumindest in der Güteverhandlung gestern unerwidert. Weil sie erst gar nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung wurden. Von Anfang an zeigte sich die Awo bereit zur gütlichen Einigung. Schon im Vorfeld hatte es dazu Verhandlungen der Streitparteien gegeben, sie waren aber gescheitert.

Das Landgericht machte dann gestern noch mal einen eigenen Vorschlag: Die Awo möge Zwilling doch ihr Geschäftsführergehalt für sieben Monate ihrer Freistellung nachzahlen, dazu noch 20.000 Euro Abfindung drauflegen. Das war gar noch weniger, als die Awo schon im Vorhinein bereit gewesen wäre zu zahlen, um sich ein rechtliches Hin und Her zu ersparen.

Gericht bemängelt: Es gab zuvor keine Abmahnung

Dass die Awo mit ihrer fristlosen Kündigung ohnehin wohl nicht durchgekommen wäre, machte die Kammer deutlich. Laut Richter hätten dem abrupten Rausschmiss zwingend Abmahnungen vorhergehen müssen. Die gab es aber nicht. Die Awo hatte nur angegeben, Zwilling mehrfach gerügt zu haben für ihr mutmaßliches Fehlverhalten, das Zwilling im Übrigen in keinem Punkt sieht. Das Gericht erklärte, dass ohne gütliche Einigung der Kündigungsschutzklage wohl stattzugeben sei.

Mit der Mahnung, man müsse nun ja nicht unnötig „schmutzige Wäsche waschen“, ging’s in die Verhandlungspause. Zwilling beanspruchte nach Beratung mit ihrer Rechtsanwältin 35.000 Euro Abfindung. Ein qualifiziertes Zeugnis und eine zuvor abgestimmte Presseerklärung im Fall einer gütlichen Einigung hatte die Awo Zwilling schon zuvor zugesagt.

Die Awo erbat sich Bedenkzeit. Innerhalb von drei Wochen will sie zunächst auf den Schriftsatz der Zwilling-Anwältin eingehen, mit dem diese die Vorwürfe der Awo gekontert hat. Für den 23. Mai setzte das Gericht die Urteilsverkündung fest. Bis dahin können sich Awo und Zwilling noch einigen – ohne, wie es der Awo-Anwalt sagte, in der „politisch sensiblen“ Angelegenheit „Porzellan zu zerschlagen“.