Die Arbeiterwohlfahrt Mülheim hat sich von Geschäftsführerin Adelheid Zwilling getrennt. Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Awo, Monika Hoffmann, übergab der 55-Jährigen gestern die fristlose Kündigung in deren Wohnung. Zwilling ist seit mehreren Tagen krankgeschrieben.

Die fristlose Kündigung geht zurück auf einen Vorstandsbeschluss des Wohlfahrtsverbandes von Montag. Die Vorstandsvorsitzende, die ehemalige SPD-Ratsfrau Helga Künzel, bestätigte auf Anfrage den Vorgang, wollte sich zu den Gründen für eine fristlose Kündigung aber „eigentlich nicht äußern“. Für die nächste Tage kündigte Künzel eine Erklärung an sagte aber schon, dass es die Intention des Vorstands gewesen sei, „eine Eskalation zu verhindern“.

Nach NRZ-Informationen hatte der Vorstand am Montag mit 7:1 Stimmen für den Rausschmiss votiert. Der verbleibende Geschäftsführer und SPD-Vorsitzende Lothar Fink war bei der Sitzung zugegen, hatte aber kein Stimmrecht. Zwilling fehlte bei der Sitzung. Noch gestern Abend, nach dem Telefonat mit dieser Zeitung, ließ Künzel Mails an ausgewählte Awo-, Partei- und Mitglieder der Stadtverwaltung verschicken, in denen über den Rauswurf Zwillings informiert wurde. Eine Angabe zu den Gründen enthielten die Mails nicht. Derweil wird Zwilling auf der Homepage der Awo unverändert als Geschäftsführerin geführt. Zwilling wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern und hat einen Anwalt eingeschaltet.

Die juristischen Anforderungen an die fristlose Kündigung eines Geschäftsführers sind streng. Ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis beispielsweise, und davon ist in Vorstandssitzungen der Awo bereits die Rede gewesen, reicht in der Regel nicht.

Zwilling kann auf über 20 Berufsjahre in der Awo zurückblicken. Sie hatte in dem 190 Beschäftigte zählenden Verband die Federführung für soziale Fragen von der Schuldnerberatung bis zur Drogenambulanz, war als Mitglied in Ratsausschüssen und in gemeinsamen Gremien mit anderen Wohlfahrtsverbänden aktiv. Vor zwei Jahren war sie, auf Wunsch von Lothar Fink, zur gleichberechtigten Geschäftsführerin der Awo aufgestiegen. Dieses Privileg war ihr im Vorjahr wieder entzogen worden, Fink firmiert seitdem als „Vorsitzender der Geschäftsführung“.

Dass die Chemie zwischen ihr, Fink und Künzel nicht mehr stimmte, war bekannt. Eine Rolle spielten dabei Zwillings Ambitionen, für die SPD Mandate anzustreben, und ein Modellprojekt, bei dem die Awo Rumänen als Pflegepersonal bei der städtischen Seniorenholding schulen ließ. Tätig war dabei eine Unternehmsberatung, die von der Ehefrau des FDP-Fraktionschefs Peter Beitz geführt wird. In internen Runden war Zwilling die Nähe zu Liberalen vorgehalten worden. In einer SPD-Fraktionssitzung fiel das Wort „moderner Menschenhandel“.

Die Vorgänge liegen allerdings Monate zurück. Inzwischen wird das Modellprojekt von der Stadt, dem Land und den Gewerkschaften als vielversprechend eingestuft.