Mülheim. Am Ende gab es eine kleine Überraschung: Nur noch 43 Prozent der Eltern meldeten ihre Zehnjährigen für den Sommer an einem der Mülheimer Gymnasien an. Im vorigen Jahr gingen noch 48 Prozent diesen Schritt. Fachleute glauben, dass die Zurückhaltung einen einfachen Grund hat. Und der heißt: G8.

Die Anmeldezahlen an den Gymnasien sind erstmals seit Jahren drastisch zurückgegangen. Nach den gestern beendeten Aufnahmeverfahren wechseln im Sommer nur noch 43 Prozent der 1346 Grundschulabgänger auf eines der fünf Mülheimer Gymnasien. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 48 Prozent. Weil gleichzeitig der Zuzug zu den Realschulen anhält (s. Kasten) und die Anmeldungen bei den Gesamtschulen erneut gestiegen sind, werten Schulleiter diese Quote auch als eine Willenserklärung der Eltern für G9, also ein gleichsam künstlich verlängertes Lernen.

„Die Schulformen sind durchlässiger geworden. Viele Schüler wechseln erst nach der Realschule oder nach der zehnten Klasse Gesamtschule zur dreijährigen Oberstufe aufs Gymnasium“, sagt Ulrich Bender, stellvertretender Schulleiter des Otto-Pankok-Gymnasiums. Auch andere Gymnasialrektoren bestätigen, dass in vielen Bewerbungsgesprächen mit Eltern die Furcht vor einer Überlastung der Schüler im aug acht Jahre gestrafften Gymnasialprogramm eine wichtige Rolle gespielt hat.

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An Benders Schule ist der Trend gut erkennbar. 92 Anmeldungen von Grundschülern - nach rekordverdächtigen 132 im Vorjahr - verzeichnete das OP, aber 28 Wechsler von anderen Schulformen; der höchste Wert aller Gymnasien. Mit diesen 120 neuen Schülern ist Bender ebenso hochzufrieden wie die Schulpflegschaftsvorsitzende Claudia Oeckinghaus. „Die Arbeit hat sich ausgezahlt“, sagte Oeckinghaus. Das war vor allem deswegen nicht selbstverständlich, weil die akuten Probleme mit der Fassade samt Stilllegung der Gebäude zu Gerüchten geführt hatte.

Bauliche Hausaufgaben

Noch in der vorigen Woche sah sich die Stadt gezwungen, die Eltern darüber zu informieren, dass Anmeldungen am Otto Pankok selbstverständlich völlig normal erfolgen. Für die Stadt, sagte Oeckinghaus, beschert das stabile Interesse in der Elternschaft nun Hausaufgaben ganz anderer Art - bauliche. „Wir brauchen eine geeignete Lernumgebung.“ Ein sanfter Hinweis darauf, das Gebäude von Grund auf und nicht nur flüchtig zu sanieren. Was das ungefähr kosten wird, muss eine Begutachtung ergeben, vermutlich im Sommer.

Prozentual höhere Anmeldequoten - bezogen auf die wie im Landesschnitt um knapp vier Prozent geschrumpfte Gesamtzahl an Schülern - haben auch die neu hergerichteten Gymnasien Karl-Ziegler (plus 5 Prozent) und Luisenschule (plus 1 Prozent), wobei die nach dem Nobelpreisträger benannte Schule sicher mit ihrem Ganztagsbetrieb punkten kann. Auch das Gymnasium Broich schneidet mit plus einem Prozent stabil ab, nur das Gymnasium Heißen verliert in absoluten und relativen Zahlen (minus drei Prozent) an Schülern.