Mülheim. . Der Heißener Jürgen Schütte hat schon viele spannende Reisen erlebt und darüber berichtet. Seine Schwedentour im Sommer 2013 aber wurde ihm fast zum Verhängnis. Bei einer Kanufahrt über die Ostsee geriet er in einen schweren Sturm. Ein Film über die Tour und dieses Erlebnis hat am Sonntag Premiere.
Jürgen Schütte träumt nicht nur von Abenteuern – er lebt sie. Der 49-Jährige radelte durch die Salzwüsten Chiles und den Dschungel Indiens, trank Tee mit Beduinen und versank in Spitzbergen im Nebel. Auf seiner letzten Reise durch Schweden erlebte er die wohl gefährlichste Nacht seines Lebens auf der Ostsee. Von diesem Kampf ums Überleben berichtet der Fotojournalist nun in einem Filmvortrag „Schweden – Land der Kontraste“ am Sonntag, 16. Februar, in der Filmpassage.
Wenn Schütte das Fernweh packt, muss er los. Am besten mit Rad oder Kajak und am besten für mehrere Monate. „Das ist ein innerer Drang“, sagt der Heißener. Er radelte bis nach Neu Delhi oder durchquerte halb Südamerika mit dem Rad. Im Juli letzten Jahres kam er zurück aus Schweden von einer viermonatigen Tour durchs Land der Rentiere und Wikinger.
Die Menschen sind etwas grummelig
Hoch im Norden Schwedens, im Örtchen Kvikkjokk, startete er zunächst mit zwei Freunden in die schneebedeckten Weiten Lapplands. Auf Skiern und Pulkas (Schlitten) fuhren sie durch Nationalparks, vorbei an zugefrorenen Seen und Bergen in eisiger Landschaft. Als es für die Begleiter wieder nach Hause ging, radelte Schütte alleine los Richtung Süden. „Im Norden sind die Menschen etwas grummelig“, lacht er. Dabei sind es die Begegnungen mit Menschen, die Schütte besonders faszinieren.
Auf dem Fahrrad mit seinem 70 Kilo schweren Anhänger radelte er über vereiste Straßen durch die weiße Landschaft. Dann streikte das Rad. „Zuerst eierte das Tretlager, dann streikte die Bremse und schließlich brach der Rahmen.“ Trotzdem schaffte es Schütte noch 130 Kilometer weiter bis die malerischen Ortschaften Smallands.
Nachdem er mit Wikingern Mittsommer gefeiert hatte, ging es im Kajak weiter. Mit dem Klepper-Faltboot paddelte der 49-Jährige von Schweden nach Dänemark – 15 Stunden im Gegenwind. Als er später von Dänemark nach Deutschland aufbrach, geriet er in einen heftigen Sturm. „Drei bis vier Meter hohe Wellen schlugen mir entgegen.“ Im Dunkeln passierte er den stark befahrenen Kiel-Ostsee- und Lübeck-Gedser-Weg. Große Kreuzer pflügten ihm entgegen, während meterhohe Wellen das Kajak durchschüttelten. Eine Welle ließ das kleine Boot kentern. „Ich konnte mich gerade noch festklammern, wurde aber immer wieder runtergespült.“ Schließlich legte er sich bäuchlings auf das Kajak und klammerte sich an den Leinen fest. „Immer wieder bin ich vor Erschöpfung eingedöst und wurde geweckt von Wellen, die über mir brachen.“ Stundenlang trieb er durch den Sturm – manövrierunfähig, am Ende seiner Kräfte.
Vorträge und Berichte finanzieren die Reisen
Um seine Reisen zu finanzieren, schreibt Jürgen Schütte Berichte und hält Vorträge. Einen Film über seine Schweden-Reise zeigt er am Sonntag, 16. Februar, 17 Uhr, in der Filmpassage im Forum. Der Eintritt kostet 12 Euro.
Infos zu Jürgen Schütte und seinen Abenteuern gibt es auf www.juergen-schuette.de
„Ich hatte eine Signalpistole mit drei Kugeln dabei“, erzählt Schütte. „Die erste habe ich verschossen, ohne dass mich das Schiff bemerkte.“ Beim zweiten Schiff in Sicht wartete er extra lange, um sicher zu gehen, dass er gesehen wird. „Als ich schießen wollte, versagte, die Pistole. Ich dachte: das war’s.“ Schließlich schaffte er es doch noch, die Rakete abzuschießen. Das Kreuzfahrtschiff entdeckte den Schiffbrüchigen und zog ihn an Bord. „Erst da habe ich gemerkt, dass ich vor Unterkühlung und Erschöpfung nicht mehr stehen konnte. Mein Körper hat gezittert“, erinnert er sich. Sein Kajak wurde von Helfern aufgelesen, doch der Großteil seiner Ausrüstung ging verloren, darunter Kameras, Solarzellen, Kompass. „15.000 Euro Verlust“, sagt Schütte. „Aber ich war froh, dass ich überlebt habe.“
Am Ende zieht es den Mülheimer immer wieder in die Heimat, nach Heißen. Wenn er nicht unterwegs ist, lebt er an der Kleiststraße mit seiner Frau und dem fünfjährigen Sohn. Sie sind seine langen Reisen gewohnt. „Und freuen sich, wenn ich heil wieder ankomme.“