Mülheim. .
Der Mülheimer Jürgen Schütte ist ein Weltenbummler. Zuletzt fuhr er mit dem Kajak 850 Kilometer rund um Spitzbergen. Ein Abenteuer - auch bezüglich der komplexen Organisation und der hohen Kosten einer solchen Reise.
„Von Inseln, Schiffen und Abenteuern“ erzählt ein Buch, das zwischen vielen anderen in Jürgen Schüttes Arbeitszimmer steht.
„Die überlistete Wildnis – vom Leben und Überleben in der freien Natur“ lautet ein anderer Titel und immer wieder heißt der Autor Rüdiger Nehberg, der immerhin „zu Fuß ins Höllenloch der Schöpfung“ ging. Klassische Reiseführer sind das kaum, doch Jürgen Schütte ist kein klassischer Reisender – zuletzt fuhr er mit dem Kajak um Spitzbergen.
1990 mit dem Fahrrad von Essen nach Indien
Urlaub kann man das, was Jürgen Schütte macht, nicht nennen. Zumindest nicht, wenn man Urlaub mit Entspannung und Faulenzen gleichsetzt. Jürgen Schütte spricht auch stets von „Reisen“, die er unternimmt. Als er etwa 1990 mit dem Fahrrad von Essen nach Indien fuhr – das war seine „erste lange Reise“. Die zweite dauerte zwei Jahre und führte ihn mit dem Boot quer durchs Mittelmeer. Als er dann 2006 mit einem selbst gebauten Floß über die Ostsee fuhr, kam ihm die Idee für eine weitere große Unternehmung: Mit dem Kajak um Spitzbergen wollte er. Es sollte seine bisher größte werden.
Allein die Reisevorbereitungen dauerten drei Jahre. Einen Waffenschein musste er beispielsweise machen, denn auf der von Norwegen verwalteten Inselgruppe am Rand des Polarmeers ist ein Gewehr außerhalb der wenigen Ortschaften gesetzlich vorgeschrieben – in einer Gegend, in der mehr Eisbären (rund 3000) als Menschen leben durchaus verständlich. Eine Bergungsversicherung musste der 41-Jährige zudem abschließen, musste wegen seiner Ausrüstung mit dem Zoll kämpfen und viel Papierkram erledigen, bis sein Kajak gen Norden transportiert wurde.
Alles in allem war es ein organisatorisch komplexes und finanziell kostspieliges Unterfangen. Ohne Sponsoren hätte der gelernte Chemiefacharbeiter, der seinen Beruf dem Fernweh zuliebe aufgab und heute als Reisejournalist arbeitet, es sich nicht leisten können. So gilt wohl nicht nur für die Reise, sondern auch für die Planungen eine Erkenntnis Jürgen Schüttes: „Will man so reisen, muss man sich ein bisschen quälen können.“
4 Monate in Spitzbergen
Vier Monate verbrachte der Mann aus der Heimaterde in Spitzbergen – drei Wochen davon wartete er allerdings auf seine Ausrüstung, auf Boot, Zelte, auf 120 Tafeln Schokolade, 350 Müsliriegel und selbst getrocknetes Fleisch, Obst und Gemüse. 270 Kilo wog sein beladenes Kajak am Anfang und in ihm legte er 850 Kilometer zurück. Am Ende wog Schütte zwölf Kilo weniger, war aber voller Eindrücke und Begeisterung. Von Finnwalen kann er nun erzählen, die ihn mitten in der Nacht bei strahlendem Sonnenschein begleiteten. Von einer Landschaft, die in der Sonne golden strahlte. Von Naturerfahrungen, die ihn beeindruckt haben – gleichzeitig brachten sie ihn aber an Grenzen. Gefährliche Begegnungen mit Eisbären und Walrossen gehören zu diesen Grenzerfahrungen, Treibeis, das ihn plötzlich umgab und tagelanger Nebel, der die Naturschönheiten verhüllte und ihn allein mit seinen Gedanken zurückließ. „Das sind psychische Belastungen“, gibt er zu.
30-Stunden-Tag
Sie kommen zu den körperlichen Strapazen. Denn in einer Gegend, in der nie die Sonne unterging, kommt das Zeitgefühl schnell durcheinander. Statt 24 hatten Jürgen Schüttes Tage im Norden schnell 30 Stunden. „Ich bin jeden Tag acht bis zehn Stunden gepaddelt. Dazu kamen immer zwei Stunden, um das Zelt abzubauen und drei Stunden für den Aufbau – das alleine ist für einige Menschen ein Arbeitstag“, berichtet er. Dennoch hat die Reise ihn begeistert: „Die Natur- und Tiererlebnisse waren toll. Durch Anstrengung und Entbehrung nimmt man die Landschaft ganz anders war, viel intensiver.“ Wohin die nächste Reise geht, weiß Schütte noch nicht. Nur eines ist sicher: „Diesmal geht’s wieder ins Warme.“
Reisebericht: Seine Abenteuerlust finanziert Jürgen Schütte auch durch Vorträge über seine Reisen: Über die Spitzberger-Tour berichtet er erstmals am 27. Januar um 20.15 Uhr im Union-Kino. Karten im VVK: 8 €. Infos: www.juergen-schuette.de