Mülheim. .

Urlaub mal ganz anders: Drei Freizeit-Reiter fuhren in den Sommerferien mit ihren Pferden von Mülheim nach Garmisch-Partenkirchen, sattelten dort und ritten in sechs Tagen durch Österreich über das 2400 m hohe Saderer Joch und den Reschenpass nach Südtirol.

Eine wesentliche Erkenntnis der drei sportlichen Abenteurer: „Auf 80 Zentimeter schmalen Pfaden zwischen Felshang und Abgrund gibt es kein Zurück, egal, was hinter der nächsten Ecke kommt; man kann die Pferde nämlich nicht drehen.“ Wird der Weg zwischen Fels und dünnem Zäunchen allzu eng, reißt schon mal die Packtasche längs auf. Egal. Wichtig ist, dass Mensch und Tier die Kletterei unbeschadet überstehen.

Seit 18 Jahren eigene Pferde

Jeannette Kirchner hält seit 18 Jahren eigene Pferde. Die lebhafte 30-Jährige schwärmt schon lange von einem Ritt über die Alpen. So suchte sich Jeannette Kirchner, die eine Maschinenfabrik leitet, andere wagemutige Pferdenarren: Ihre 43-jährige Nachbarin Anja Hörnemann, Sekretärin an der Karl-Ziegler-Schule, reitet seit 30 Jahren.

Gerhard Grote, pensionierter Flugkapitän aus Ratingen, hat aber bereits einen organisierten Alpen-Ritt absolviert. Sein Pferd steht auf dem Mülheimer Aubergshof. Gisela Kästner, eine weitere Nachbarin, begleitete die drei Reiter auf Schusters Rappen. Anja Hörnemanns Vater Bernt war der Trosser: Er fuhr einen der beiden PKW mit Pferdeanhänger und Gepäck und erwartete an den Zwischenstopps Rösser, Reiter und Wanderin.

Pferde gut vorbereitet

Die drei trittsicheren Pferde waren durch das tägliche Training zu Hause gut auf den Wanderritt vorbereitet. Jeanette Kirchner hält an der Mülheim-Essener Stadtgrenze die kräftigen norwegischen Fjordponys Isildur und Janosch, mit seinen 21 Jahren ein Senior. Gerhard Grotes Pferd Kai ist ein nicht ganz reinrassiger turkmenischer Achal-Tekkiner – eine der ältesten und zähesten Pferderassen der Welt.

Kräftig und zäh mussten auch die Reiter sein. „Als wir uns dem höchsten Punkt der Tour näherten, dem Saderer Joch bei Nauders auf 2400 Metern Höhe, hatte ich das Gefühl, 150 Kilo Übergewicht zu haben“, erzählt Anja Hörnemann. Auch wenn die Luft etwas dünn war: Tagesritte bis zu zehn Stunden, fünfstündige Strecken stur bergauf und insgesamt 7800 Höhenmeter in sechs Tagen meisterte das stolze Trio ohne Probleme.

Segen mit Weihwasser

Um drei Uhr morgens war die Gruppe in Mülheim gestartet. „In Garmisch regnete es dann in Strömen. Zum Eingewöhnen sind wir auf eine Alm geritten, Anja mit Schirm über dem Kopf“, amüsiert sich Jeannette Kirchner. Am zweiten Tag ging es an der Zugspitze entlang. „Wir sind auch durch die Loisach geritten, den Pferden stand das Wasser bis zum Bauch.“ An einer Kirche segnete sie ihre Mit(st)reiter und die Pferde mit Weihwasser. „Der liebe Gott hat uns auf der gesamten Strecke beschützt.“

Pro Tag war ein Ritt von etwa 30 km Luftlinie geplant. „Extrem anstrengend wurde es durch die Höhenmeter“, erklärt Gerhard Grote, 64. „Es ging ja oft erst stundenlang rauf und dann wieder runter.“ Bergab mussten die Reiter ihre Pferde auf den oft gerölligen und engen Wegen führen, Schritt für Schritt vorsichtig voran. Der Rhythmus war jeden Tag gleich: aufstehen, Tiere füttern, frühstücken, Routenbesprechung, losreiten. Ankommen, Platz für die Pferde suchen und sie versorgen, Unterkunft beziehen, ausruhen, schlafen.

Abends wurde es lauschig

Abends wurde es dann lauschig. „Alle Gastgeber haben uns sehr freundlich empfangen. Wir haben selbst gemachten Käse bekommen und Bauern gesehen, die noch mit der Sense Heu machen.“ Eine Wirtin auf der Labaunalpe bei Nauders war sprachlos, als ihr die Alpenreiter entgegenkamen. „Mit den Rössern über den Schmalzkopf? Das gibt’s doch nicht!“ Die tapferen Tiere fanden meistens Weiden oder Ställe auf Bauern- oder Gasthöfen. Auch die Reiter genossen die Rast an idyllischen Orten: „Die Panoramen waren gigantisch.“