Mülheim. Der Streit um den Erhalt der Häuser an der Mülheimer Wissollstraße geht nun vor Gericht. Der Eigentümer Tengelmann strengte eine Räumungsklage gegen die letzten vier Bewohner an. Die Bürgerinitiative kündigte an, weiterzukämpfen.

So viel Publikum sitzt selten in Zivilverhandlungen. Doch gestern drängelten sich die Zuschauer in den Sitzungssaal am Amtsgericht und hockten sich, um zuzuhören, sogar auf den Boden. Der Grund für den großen Andrang: Die Bürgerinitiative Wissollstraße trifft vor Gericht auf Vertreter des Tengelmann-Konzerns. Dieser hatte eine Räumungsklage gegen die letzten vier Bewohner des Hauses Nummer 55 eingereicht. Bei der Anhörung ging es zunächst um die Frage, ob die Kündigungen fristgerecht eingegangen waren.

Eine halbe Stunde vor Verhandlungsbeginn falten die Mitstreiter ein Transparent vor dem Amtsgericht auseinander. „Kein Abriss der Häuser an der Wissollstraße“ steht über einer Abrissbirne geschrieben. Diese Plakate kamen schon häufiger zum Einsatz, etwa beim Protesttanz durch die Stadt oder beim Aktionstag am vergangenen Montag, bei der Unterstützer Plakate in Schaufenstern der Innenstadt aufhängten. Die vier Bewohner schaffen es, stets einen Kreis von Unterstützern zu mobilisieren, um ein Forum für den Erhalt ihres Wohnraums an der Wissollstraße 55 zu schaffen. Auch wenn die Bausubstanz der Häuser laut Tengelmann-Eigentümergesellschaft so marode ist, dass das Wohnen dort kaum mehr möglich sei. Schon lange soll die Häuserreihe daher für etwas Neues weichen.

Bewohner wollen weiter kämpfen

Etwa 20 Unterstützer sind dann auch am Donnerstagmorgen um 9.30 Uhr zum Gericht gekommen. Einer nach dem anderen reiht sich in die Schlange vor der Sicherheitsschleuse und drängt sich später in den überschaubaren Sitzungsraum. Die Gegenseite beobachtet den Andrang mit Gelassenheit. Zwei Zeuginnen werden gehört, sie haben den Beklagten die Kündigungen als Botinnen der Hausverwaltung eingeworfen. Zwei der Bewohner bestreiten jedoch, jemals eine Kündigung erhalten zu haben. Die Zeuginnen werden zu Namensschildern befragt, es geht um das Aussehen des Briefschlitzes , die Position der Hausnummer und die Frage, wer den Brief eingeworfen haben soll. Auch die Bewohner selbst stellen Fragen an die Zeuginnen. Als eine der beiden dann noch die Beschaffenheit der Haustür beschreiben soll, unterbindet der vorsitzende Richter Peter Fischer die Fragerunde: „Wir sind hier nicht im Kindergarten.“ Schließlich legt er den Termin für die Urteilsverkündung auf den 6. März.

Ob die Räumungsklage dann wirksam wird oder nicht, bleibt abzuwarten. Zunächst beantragte Bewohner-Rechtsanwalt Tim Engels die Räumungsklage abzuweisen. „Wir wollen auf jeden Fall weiterkämpfen – und zur Not auch in Berufung gehen“, sagt BI-Sprecher Malte Schiefer. Das klagende Unternehmen wollte sich zum laufenden Verfahren nicht äußern.