Mülheim. . Haben Straßenbahnen und U-Bahn angesichts der jährlich zuzuschießenden Millionen-Beträge auf lange Sicht noch eine Daseinsberechtigung? Diese Frage wollen Verwaltung und Mehrheit der Ratspolitik bis Ende dieses Jahres von externen Fachleuten geprüft sehen.
Nach der holprigen Verabschiedung des Nahverkehrsplans zuletzt kommt die Debatte „Busse statt Bahnen“ damit erneut ins Rollen.
Am Donnerstag passierte eine Beschlussvorlage der Verwaltung den Ausschuss für Wirtschaft und Mobilität, die ebensolches vorsieht. Gegen die Stimmen von MBI und Wir-Linke und bei einer Enthaltung von Grünen-Ratsfrau Brigitte Erd unterstützt der Ausschuss das Ansinnen der Stadtspitze, die Zweckmäßigkeit des schienengebundenen Nahverkehrs zu überprüfen. So soll der Stadtrat die Verwaltung am 20. Februar beauftragen, zusammen mit der Beteiligungsholding und der MVG eine mittel- bis langfristige Investitionsstrategie für den Bahnverkehr zu erarbeiten. Für eine Analyse verschiedener Szenarien sollen externe Gutachter eingeschaltet werden.
Geld in die Rückzahlung von Fördermitteln stecken
Dabei ist klar: Die Stadtspitze, allen voran Hendrik Dönnebrink als Chef der Beteiligungsholding, sehen im System Schiene einen Hort der Unwirtschaftlichkeit. Dönnebrinks Rechnung ist einfach: „Wir investieren allein in den nächsten Jahren 150 Mio. Euro in das System, um damit in den kommenden 30 Jahren 600 Mio. Euro Verlust einzufahren.“ Aus dem Teufelskreislauf will Dönnebrink raus.
Die Androhung der Bezirksregierung, bei Streckenstilllegungen umfassend Fördermittel für zweckgebundene Investitionen zurückzufordern, schreckt Dönnebrink nicht. Seine Devise: Es ist besser, Geld in die Rückzahlung von Fördermitteln zu stecken, weil damit – anders als durch die Investitionen in das System – nachhaltig ein Spareffekt eintrete. Zudem sei fraglich, ob die Forderungen der Bezirksregierung rechtlich überhaupt zu halten wären. Schließlich gelte für Kommunen das Gebot der Wirtschaftlichkeit.
Verkehrsdezernent Peter Vermeulen kann Dönnebrink in der Sache offenbar auf seiner Seite verbuchen. Vermeulen machte vor der Politik noch einmal klar, dass Mülheim seinen ÖPNV derzeit deutlich unwirtschaftlicher betreibe als andere Städte. Gleichwohl betonte er, dass die externen Gutachter nun nicht nur auf die Kosten schauen sollen, sondern etwa auch auf die demografische und die Stadtentwicklung sowie ökologische Aspekte.
"Objektivere Analyse" angekündigt
SPD, CDU und FDP begrüßten das angedachte Verfahren ausdrücklich. SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering forderte Bürgerbeteiligung; die Frage „Bus statt Bahnen“ will die SPD bekanntlich per Ratsbürgerentscheid beantworten lassen.
Die Grünen äußerten Skepsis, ob Vermeulens Ankündigung einer „objektivierten Analyse“ glaubhaft ist. Warum, fragte Axel Hercher, fehlen im Prüfauftrag für die Gutachter die seit Jahrzehnten auf Eis liegenden Pläne für eine Straßenbahn nach Saarn? „Das“, so Hercher, „sollte auch Thema sein“, wolle die Stadt umfassend beantwortet sehen, ob Investitionen in die Schiene auf lange Sicht sinnhaft sind.