Mülheim. Bei den kulinarischen Abenden der „KochPottGuerilla“ treffen einmal im Monat zehn Menschen zusammen, die sich nicht kennen. Im privaten Wohnzimmer gibt’s dann Hochwertiges zu kleinen Preisen.
Der Akt der Nahrungsaufnahme ist etwas Kommunikatives – Ein Umstand, der in der heutigen Zeit immer mehr in Vergessenheit gerät. In früheren Zeiten kamen die Menschen zusammen, aßen an einem Tisch und redeten miteinander. Ob in der Familie oder im größeren Kreis, jung und alt wurden durch die gemeinsame Mahlzeit verbunden.
Diese verloren gegangene Verbundenheit wollen die „KochPottGuerillas“ um die beiden Gastronomen Clemens Chamai und René van der Knokke wieder aufleben lassen. Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Einmal im Monat kochen sie in Chamais Privatwohnung ein Drei-Gänge-Menü für zehn Menschen, die sich untereinander noch nicht kennen. „Maximal dürfen sich pro Anmeldung drei Menschen kennen“, erklärt Clemens Chamai. Ansonsten würde die Grundgedanke hinter den „KochPottGuerilla“-Abenden verwässern und „wir würden nur Catering für eine größere Gruppe machen“.
Abende als "kulinarische Spielwiese"
Die beiden Köche, die hauptberuflich im bekannten Restaurant „Chamai“ in Oberhausen arbeiten, sehen die Abende als „kulinarische Spielwiese“ an, wie Rene van der Knokke es ausdrückt. „Wir probieren hier Rezepte aus, die wir so noch nie zubereitet haben oder die wir im Restaurant vielleicht nicht servieren können.“ Dazu gehören einiges an Einfallsreichtum und Mut zum Herumexperimentieren in der Küche. „Manchmal haben wir selbst keine Ahnung, wie ein Rezept funktioniert oder wie es schmeckt“, gibt van der Knokke zu.
Clemens Chamai ergänzt: „Man lernt unheimlich viel über Improvisation und Organisation.“ Da alle Mahlzeiten während der Guerilla-Abende in Chamais Privatküche zubereitet werden, müssen einige Dinge im Vorfeld zubereitet werden. „Wenn alles am gleichen Abend passieren würde, wäre das nicht zu schaffen.“ So könne man zum Beispiel Soßen oder Desserts problemlos bereits einige Tage vorher zubereiten. „Die Soßen kann man einfrieren und durch den Zucker halten Nachtische sich mindestens eine Woche“, so Chamai. Damit alles reibungslos klappt, gibt es jeweils eine Woche vor dem eigentlichen Termin ein Probe-Essen.
Probeabende sollen Entlohnung sein
„Dabei tasten wir uns behutsam an die Menüs heran“, erklärt van der Knokke. Diese Probeabende sollen zugleich auch eine Art „Entlohnung“ für den Rest des „KochPottGuerilla“-Teams sein. Das besteht mittlerweile aus fünf Köpfen, denn allein könnten Chamai und van der Knokke derartige Abende nicht stemmen. „Das wäre vom Aufwand her zu groß, wir stehen ja die ganze Zeit in der Küche.“ So ist Clemens Chamais Freundin Neciha Karadas für den Service zuständig: „Ich bin aber auch ein bisschen die Animateurin und bringe die Leute miteinander ins Gespräch“, sagt sie von sich selbst.
Benjamin Fleczok ist der Spezialist für vegane Gerichte, also Speisen ohne tierische Zutaten, während Deborah Taranto vor allem für die Dokumentation zuständig ist: Sie schießt Bilder von jedem Gericht und während der Kochvorbereitungen, die dann bei Facebook veröffentlicht werden. So haben auch die, die keinen Platz mehr bekommen haben, die Möglichkeit, zumindest visuell an den Guerilla-Abenden teilzuhaben.
Experiment 2012 gestartet
Gestartet haben Chamai und van der Knokke das Experiment im September 2012. Damals hatten sie noch Schwierigkeiten, alle Plätze vollzubekommen. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass es bei den „KochPottGuerilla“ hochwertige Gerichte zu kleinen Preisen gibt. Chamai: „Wir bieten alles zum Einkaufspreis an, Profit machen wir hier nicht.“ Eher im Gegenteil: Die Preise für das Menü beziehen sich nur auf die Einkaufspreise der Nahrungsmittel. Nicht eingerechnet sind darin Benzinkosten oder die Küchennutzung. „Eigentlich“, so der Gastronom, „zahlen wir hier drauf. Aber das macht nichts, weil es uns Spaß macht.“ Neciha Karadas ergänzt: „Man merkt schon, dass die Küche darunter leidet. Die Schubladen verschleißen und die Spülmaschine läuft ja öfter als wenn wir nur für uns kochen würden.“ Bei den Zutaten – das ist den Initiatoren wichtig – legen sie immer wert auf Nachhaltigkeit: Saisonal, Bio, Fairtrade und nach Möglichkeit aus der Region sollten sie sein.
Ein Restaurant soll aus den „KochPottGuerilla“ aber nicht entstehen – trotz der positiven Resonanz. „Wir haben tatsächlich mal darüber nachgedacht“, erinnert sich Chamai, „aber die Idee wurde schnell verworfen. Das wäre ja kein richtiges Guerillakochen mehr.“
Wer an einem der monatlich stattfindenden Abende mitschlemmen will, kann sich einfach per E-Mail anmelden. Die Teilnehmer werden dann in der Reihenfolge ausgewählt, in der sie sich bewerben. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.