Mülheim. Demenzkranke brauchen eine andere medizinische Betreuung. Aber auch die Familie benötigt Unterstützung. Der Geriater Dr. Johannes Haseke referiert über viele Aspekte der Erkrankung.
„Herausforderung Demenz“ hat Dr. Johannes Haseke seinen Vortrag genannt, den er am nächsten Donnerstag im St. Marien-Hospital halten wird. Eine Herausforderung für Angehörige und für das medizinische Personal gleichermaßen. Denn mit dem demografischen Wandel, der Überalterung der Gesellschaft, werden auch Demenzerkrankungen zunehmen, deren häufigste Ursache Alzheimer ist.
Dr. Haseke ist Geriater, Facharzt für Altersmedizin. Er betreut in der Contilia-Gruppe, zu der auch das St. Marien-Hospital gehört, als Oberarzt der Geriatrie das Mülheimer Hospital und das Zentrum Haus Berge in Essen. Johannes Haseke ist ein Mann der Praxis, der um die Schwierigkeiten in der medizinischen Behandlung Demenzkranker weiß. Und um die Sorgen und Probleme der Angehörigen, die Unterstützung brauchen, wenn der Ehemann oder die Mutter, die früher so selbstständig waren, sich plötzlich verändern. Wenn sie die Fahrtüchtigkeit verlieren, wenn sie Messer und Gabel nicht mehr benutzen können, nennt er Beispiele. Den Kontakt zu Angehörigen, ihre Beratung, hält er für immens wichtig.
Demenzkranke sind sehr empfindlich
„Ältere Menschen brauchen andere therapeutische Maßnahmen“, betont Dr. Haseke, der geriatrische Kompetenzen gerade in Krankenhäusern als unverzichtbar ansieht, vor allem künftig, wenn die geburtenstarken Jahrgänge alt werden. „Unsere Klientel nimmt ja zahlenmäßig zu. Für Kliniken und Personal ist eine Spezialisierung erforderlich.“ Wenn im Alter die Leiden, die „Zipperlein“, zunehmen und die Lebensqualität dafür abnimmt, falle mancher gar in eine Depression, die aber behandelbar sei.
Hasekes Tätigkeit muss man sich als fachübergreifend vorstellen: Er ist im Krankenhaus in allen Abteilungen als geriatrischer Experte ansprechbar. „Das körperliche Leiden hat oft mit der Demenz gar nichts zu tun“, erklärt er, aber im Krankenhaus wird sie dann plötzlich sichtbar, weil außerhalb der eigenen vier Wände die Verwirrtheit zunimmt. „Demenzkranke sind sehr empfindlich bei Veränderungen.“ Ist der Diabetes nur deshalb entgleist, weil die Patientin orientierungslos geworden ist, es nicht mehr schafft, ihre Medikamente regelmäßig einzunehmen? Ein erfahrener Geriater wird das erkennen, nicht nur in der Inneren Medizin, und möglicherweise eine Verlegung in eine geriatrische Abteilung empfehlen.
Aus seinen Angehörigengruppen kennt Dr. Haseke die Nöte, das schlechte Gewissen, wenn die Unterbringung in einem Pflegeheim erwogen wird, auch wenn man dem Vater versprochen hat, dass er nie in ein Heim kommt. Sind solche Versprechen zu halten? Sind sie denn sinnvoll, wenn die Pflege ein 24-Stunden-Job wird, man selbst Familie und einen Beruf hat, fragt Dr. Haseke. „Man kann doch“, so sein pragmatischer Rat, „den Angehörigen jeden Tag im Heim besuchen.“