Mülheim. .

In letzter Zeit hebt Herr T. häufig hohe Geldbeträge von seinem Konto ab – manchmal zweimal am Tag. Auch heute kommt er an den Bankschalter und möchte 1000 Euro ausgezahlt bekommen. Herr T. wird aufbrausend, als er erfährt, dass sein Konto bereits überzogen ist.

„Wie würden Sie in einer solchen Situation reagieren?“, fragt Sylvia Eberlein, Mitglied der Alzheimer Gesellschaft Mülheim. Zum ersten Mal schult die Gesellschaft gemeinsam mit dem Demenz-Servicezentrum Westliches Ruhrgebiet Mitarbeiter einer Bank im Umgang mit Demenzerkrankten.

In der Dümptener Filiale der Sparkasse hat man bereits Erfahrung mit Kunden, wie Herrn T.. „Viele Kunden kennt man bereits seit Jahren. Wenn sie sich verändern oder anders verhalten als üblich, fällt uns das auf“, sagt die Dümptener Filialleiterin Martina Keimer. Doch bisher gibt es noch keinen offiziellen Leitfaden, wie man sich in einem solchen Fall zu verhalten hat. „Wir handeln meistens nach Gefühl.“

Fallbeispiele und Lösungen

In dem Vortrag, den Sylvia Eberlein gemeinsam mit Elke Riedemann vom Servicezen­trum Demenz hält, informieren sie die Bankmitarbeiter zunächst über Krankheitsbild und Symptome. Dann bekommen sie Fallbeispiele wie das des Herrn T., für das sie gemeinsam Lösungen entwickeln. „Wir geben ihnen zusätzlich Strategien an die Hand.“ Wie soll man sich nun am Schalter verhalten?

„Diskutieren bringt nichts“, weiß Sylvia Eberlein, die als Mitarbeiterin eines Pflegedienstes viel Erfahrung im Umgang mit dementen Patienten hat. „Fingerspitzengefühl ist wichtig.“ Eine Methode: „Umlenken – den Patienten auf ein anderes Thema bringen, ihn ablenken.“ Manchmal reiche es schon, einen Kaffee anzubieten, um die Situation zu entschärfen.

„Ihn beiseite und somit aus der Situation nehmen und versuchen, ruhig mit ihm zu sprechen“, weiß Sylvia Eberlein. Vor allem: „Ihm eine wertschätzende Haltung entgegen zu bringen.“ Denn auch wenn Demenzerkrankte nicht mehr alle Zusammenhänge verstehen, seien sie doch sehr feinfühlig.

Den Zugang finden

Wenn Herr T. alleine lebt und keine Angehörigen zu erreichen sind, kommt Helge Förster ins Spiel. Er ist neben der Alzheimergesellschaft erster Ansprechpartner für die Bankmitarbeiter. Denn er arbeitet für die Senioren-, Pflege- und Wohnberatung der Stadt. „Ich versuche einen Zugang zu finden, mache Hausbesuche oder rege eine Betreuung an“, erklärt Helge Förster.

Die Schulung der zehn Mitarbeiter der Dümptener Filiale ist zunächst ein Pilotprojekt. „Wenn es gut angenommen wird, wollen wir es bald auf alle Filialen in Mülheim ausweiten“, sagt Helge Kipping vom Sparkassen-Vorstand. Gerade im Umgang mit Finanzen und sensiblen Daten sei es wichtig, angemessen und mit Fingerspitzengefühl auf demente Kunden reagieren zu können. Denn: „Jeder hat mit dem Thema Demenz zu tun - ob privat oder beruflich - und wird in Zukunft noch häufiger damit konfrontiert werden“, meint Helge Kipping.