Mülheim.

Alte Leute benehmen sich mitunter sehr seltsam. Wie Kinder damit umgehen, weiß Svenja Ester: Die 35-jährige Diplom-Pädagogin hat praktische Erfahrung in der Seniorenbetreuung und bietet Seminare an, um der Enkel- oder Urenkelgeneration Demenz zu erklären.

Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?

Svenja Ester: Ich habe schon während meines Studiums im Hildegardishaus gearbeitet, wo viele demenzkranke Menschen leben, auch schwere Fälle. Später war ich dort im Sozialen Dienst tätig, und wir haben häufiger gemeinsame Aktivitäten mit dem Kindergarten Herz Jesu gemacht. Beispielsweise gab es ein Projekt, bei dem einmal pro Woche eine kleine Kindergruppe kam, um mit den Senioren zu spielen, zu kochen oder zu backen.

Was wurde denn da gespielt?

Ester: Zum Beispiel „Mensch ärgere dich nicht“. Und wenn jemand von den alten Leuten seine Figur falsch gezogen hat, wurde er von den Kindern sofort korrigiert. Eigentlich soll man ja demente Menschen nicht auf ihre Fehler oder Defizite hinweisen. Aber von Kindern nehmen sie es gerne an, finden es lustig.

Gilt das auch umgekehrt?

Ester: Ja. Ich habe festgestellt, dass vor allem kleine Kinder ganz unbefangen damit umgehen, wenn alte Menschen sich eigenartig verhalten. Sie sprechen es aber meist auch direkt an und fragen nach.

Nennen Sie doch mal ein Beispiel?

Ester: Sie haben mich oder die Erzieherinnen gefragt: „Warum schreit die Frau denn so?“ Oder wenn jemand mit am Tisch sitzt, der sich plötzlich die Kleidung komplett auszieht oder seine Zähne herausholt und in die Handtasche packt, Dinge macht, die man normalerweise nicht tut, dann kommen von Kindern natürlich Kommentare. Sie reagieren verwundert, aber nicht ängstlich.

Wie erklären Sie, warum sich demente Menschen so verhalten?

Ester: Ich sage zum Beispiel: „Der Pullover stört die Frau vielleicht, darum zieht sie ihn aus.“ Oder: „Die Frau ist krank. Sie kann vieles nicht mehr, was du schon kannst.“ Es hängt auch vom Alter ab: Kindergartenkindern brauche ich nicht die Ursachen von Demenz zu erklären, mit irgendwelchen Vorgängen im Gehirn zu kommen. Größere Kinder fragen natürlich schon genauer nach.

Ist es also empfehlenswert, Kinder und Demenzkranke zusammen zu bringen?

Ester: Im Anfangsstadium ist das oft für beide Seiten eine gute Erfahrung. Im fortgeschrittenen Stadium kann die Krankheit, so wie sie sich äußert, Kinder aber sehr verstören. Wenn ein alter Mensch schreit, schlägt oder bettlägerig ist und sich überhaupt nicht mehr mit Worten verständigt, das kann man dann schlecht erklären.