Mülheim. Für das gemeinschaftliche Wohnen auf drei städtischen Grundstücken gibt es bereits über 50 Interessenten. Die Beteiligten sind zufrieden.

Die Stadt fördert neue, gemeinschaftliche Wohnformen, bei denen die zukünftigen Nachbarn zusammen und möglichst generationsübergreifend ihre Zukunft gestalten. So einen Weg geht seit Jahren, allerdings ohne Hilfestellung, der Verein Lina, der inzwischen mit dem Mülheimer Wohnungsbau einen Partner gefunden hat und das Haus Senfkorn am Kloster Saarn umbaut. Um die Prozesse zu beschleunigen und Irrwege möglichst zu vermeiden, hat die Bauverwaltung eine Moderatorin und einen Architekten engagiert, die mit solchen Projekten viel Erfahrung gesammelt haben. Wichtiger noch, sie hat drei städtische Grundstücke reserviert, die die Gruppen erwerben und darauf ihre Ideen realisieren können: Am Klöttschen, auf dem Schulgrundstück am Fünter Weg in Heißen und an der Friedhofsstraße in Speldorf.

Breite Alterspalette

Inzwischen wurden in der VHS drei Workshop-Termine angeboten, die jeweils von über 50 Interessierten besucht worden sind. Die Resonanz ist für die Stadt wie auch für die Moderatorin Birgit Pohlmann erfreulich. „Wir wollten den Bedarf für diese alternativen Wohnformen abprüfen und sind positiv überrascht“, sagt Thorsten Kamp vom Planungsamt. Nicht nur die reine Anzahl erfreut ihn, sondern auch die Altersspanne der Teilnehmer. „Ich habe schon Prozesse erlebt, die vielversprechend losgingen und dann von Treffen zu Treffen weniger kamen“, sagt Pohlmann. Und es läuft auch gut.

Für die drei Grundstücke zeichnen sich auch zunehmend konkrete Interessenten ab. „Die Raumteiler“, eine Mülheimer Gruppe, die sich bereits formierte, als von dem Anschub noch keine Rede war, interessiert sich für den Klöttschen. Es handelt sich um 13 Mitglieder, die aber auch noch offen für weitere Teilnehmer sind. Füllen werden sie aber das große Areal keineswegs. Eine andere Gruppe aus Essen, derzeit etwa acht Haushalte, die dort nicht recht weitergekommen ist, interessiert sich für den Standort Heißen – wie auch die Lebenshilfe, die dort ein Wohnprojekt für Jugendliche realisieren würde. Speldorf haben derzeit noch eher Einzelpersonen ins Auge gefasst, die sich noch nicht zu einer Gruppe formiert haben.

Architekt Norbert Post hat für alle Flächen schon mal mit ein paar Strichen grobe Entwürfe gemacht, damit die Teilnehmer ein Raumgefühl entwickeln können.

Pohlmann, die bereits 35 Projekte angeschoben hat, erläuterte zuletzt - mit vielen Praxisbeispielen belegt - die ganze Bandbreite der Möglichkeiten, die von Eigentum über Genossenschaftsmodelle bis hin zu staatlicher Förderung reicht. Was bislang theoretisch erörtert wurde, soll am 9. November durch eine Exkursion zu beispielhaften Projekten in Dortmund und Bochum vertieft werden.

Es kommt zum Schwur

Im Dezember wird sich dann erweisen, wie ernst die Absichten der Teilnehmer denn tatsächlich sind. „Dann wird es zum Schwur kommen“, sagen viele Beteiligten übereinstimmend. Denn der Auftrag an Pohlmann und Post läuft aus. „Wir geben nur eine Starthilfe, fahren müssen die Interessierten dann aber selbst“, formuliert es Kamp. Die Gruppen müssen sich formieren, zumindest die Kerngruppen, und gegebenen Falls eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen, was ein paar hundert Euro kosten kann. Was viel mehr Kosten verursacht, ist, einen Architekten zu beauftragen, der ihre Bilder im Kopf in konkrete Zeichnungen umwandelt. In der Wahl sind die Gruppen frei. Es kann jeder beliebige Planer sein. Kritiker sprechen allerdings von einer Geschäftsanbahnung für Pohlmann und Post. Den Konzepten muss dann der Rat zustimmen. „Ein gewisses Risiko geht man da schon ein“, räumt Pohlmann ein.