Mülheim. Laut Kassenärztlicher Vereinigung ist angeblich der Patienten-Bedarf nicht groß genug. Doch Uwe Broch vermutet, dass einfach falsch gerechnet wurde

Es gibt einen Hausarzt-Sitz in der Stadt weniger, konkret: in der Stadtmitte. Und das wird vorerst auch so bleiben. Gerade hat Uwe Brock dafür die schriftliche Bestätigung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein erhalten. Der Mediziner, der als Internist eine Hausarzt-Praxis auf der Althofstraße betreibt, hatte einen Antrag gestellt, diese Entscheidung wieder aufzuheben. Die Bedingungen unter denen diese zustande gekommen ist, erscheinen nämlich Brock, der auch der Kreisstellenleiter der Ärztekammer ist, zweifelhaft.

Auf den ersten Blick sieht alles nach einem üblichen Vorgang aus: Eine Hausärztin, die lange Jahre praktiziert und viele Patienten hatte, ging vor drei Jahren in den Ruhestand. Der Hausarzt-Sitz wird weiter aufrecht erhalten und von einer anderen Medizinerin übernommen. Als diese aber nun vor einiger Zeit in eine Gemeinschaftspraxis in einem anderen Stadtteil wechselt und deswegen die Praxis aufgibt, entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung: Der Sitz wird gestrichen, denn die Praxis hatten zu wenige Patienten besucht. Es bestehe also augenscheinlich kein Bedarf.

Das sieht Brock anders. Er hat seine Praxis selbst in der Stadtmitte. Er und seine Kollegen dort hätten in letzter Zeit feststellen können, dass sie viele Patienten-Neuzugänge hatten. „Nicht jeder sagt unbedingt, wo er vorher war. Aber einige stammten aus dieser Praxis“, so Brock. Die Medizinerin, die die Praxis übernommen hatte, verfügte auch über Kenntnisse als Fachärztin für internistisch-onkologische Fragen. Daher vermutet Brock, dass sie hauptsächlich nur als Fachärztin gewirkt habe. Wenn dies so wäre, dann würden diese Zahlen natürlich nichts über den tatsächlichen Bedarf an Hausärzten vor Ort aussagen.

Durchschnittliche Patientenzahl möglicherweise verzerrt

Deswegen entschloss er sich zum Widerspruch. Hat die Entscheidung, den Sitz zu streichen, doch für ihn und seine Kollegen konkrete finanzielle Folgen. Die große Frage lautet dabei: Was ist eigentlich mit den Patienten aus der alten Hausarzt-Praxis geworden? Die Kassenärztliche Vereinigung tut sich mit einer Antwort leicht: Bei ihnen seien keine Beschwerden eingetroffen. Die Patienten hätten also offensichtlich einen Hausarzt gefunden. Und überhaupt, es gebe die individuelle Arzt-Wahl, weshalb solche Wanderungsbewegungen nicht nachvollzogen werden könnten.

Brock und seine Kollegen hingegen spüren diese Patienten-Wanderungen sehr wohl. Denn ausgehend von den Zahlen des letzten Jahres wird für jede Praxis eine Durchschnittszahl von Patienten errechnet, für die der Arzt regulär seine Leistungen berechnen darf. Wird diese Zahl aber überschritten, dann wird für die überzähligen Patienten weniger gezahlt (siehe Kasten). Grundlage für diese Berechnung ist der statistische Wert. Und der wäre, wenn die Hausärztin eigentlich eine Fachärztin gewesen wäre, ordentlich verzerrt. Deshalb will Brock nicht aufgeben und einen zweiten Widerspruch einlegen.