Mülheim.

Der Laie mag einen Blick auf die Outfits werfen, den Namen dazu hören und sich seine Meinung bilden – und liegt damit wahrscheinlich komplett daneben. „Westernreiten hat nichts damit zu tun, dass wir uns Cowboy-Hüte aufsetzen und durch die Prärie reiten“, sagt Maja Deeb, die in Selbeck eine Westernreitschule leitet.

Das liegt nicht nur an einem eklatanten Mangel an Steppe in Mülheim. Vielmehr stehe diese Art des Reitens für eine „harmonische Art, mit dem Tier Umgang zu haben“. Dass man dabei Cowboy-Hüte trägt, ist dann allein eine Frage des Stils, des „Showmanship“. Eben so heißt die Paradedisziplin von Maja Deebs Tochter Yara. Die 18-Jährige wurde darin jüngst Deutsche Vizemeisterin.

Leidenschaft von ihrer Mutter geerbt

Die Mutter hat ihr diese Leidenschaft vererbt. „Ich habe von Anfang an Westernreiten gemacht“, erzählt Yara Deeb. Eine „entspannte und schöne Reitweise“ ist es für sie, bei der das Pferd am langen Zügel laufe. „Harmonie“ ist ein Wort, das beide oft benutzen, um ihren Sport zu beschreiben, „Beziehung“ ist ein anderes. Und da ist man wieder in der Prärie bei den Cowboys, die sich beim Viehtreiben ganz auf ihre Tiere verlassen müssen.

So gibt es beim Westernreiten verschiedene Disziplinen. Beim „Trail“ werden Pferd und Reiter mit Situationen konfrontiert, auf die sie auch im offenen Gelände treffen können. „Dabei geht es um Geschicklichkeit“, erklärt Yara Deeb, deren Lieblingsdisziplin aber eine andere ist: „Showmanship“. Dabei sitzt sie nicht im Sattel, sondern führt ihr Pferd. Es gilt nicht nur Aufgaben exakt zu absolvieren, sondern dabei auch gut auszusehen. „Ein harmonisches Gesamtbild“ sollten Tier und Mensch ergeben, sagt Yara: „Ich habe mir dafür extra ein bordeaux-rotes Outfit vom Schneider machen lassen.“

2006 ging Yara Deeb erstmals bei einem Turnier an den Start. Inzwischen hat sie „fast alles in NRW gewonnen, was man gewinnen kann“. Das nächste Turnier steht am 9. bis 13. Oktober an: Dann fährt Yara Deeb mit ihrer Schwester Gina nach Frankreich, um in sieben Disziplinen an den Europameisterschaften teilzunehmen. Zudem ist sie 2014 zu den Weltmeisterschaften in die USA eingeladen. „Das ist ein riesiger Traum von mir“, sagt sie und hofft, dass sie an einem Austauschprogramm für Jugendliche teilnehmen kann.

Zeitlich würde es passen: Die WM findet kurz nach den Abiturprüfungen statt, und die gehen vor. Denn eines weiß Yara Deeb, die die Gustav-Heinemann-Schule besucht: Ihrer Mutter nacheifern, Westernreiten zum Beruf machen, will sie nicht. „Es soll ein Hobby bleiben.“ Und eine Leidenschaft.

Reitschule richtet sich vor allem an Erwachsene

Eine Reitschule zu gründen, war für Maja Deeb letztlich die logische Konsequenz. Zunächst war Westernreiten das Hobby von ihr und ihren zwei Töchtern, für das sie selbst Pferde ausbildeten. Dann kamen erste Anfragen von Reitern, die Hilfe bei der Ausbildung suchten. Eins kam zum anderen, und „es wurde immer professioneller“.

Das Ergebnis ist die Timberline Westernschool, deren Zielgruppe erwachsene Einsteiger sind. Damit, sagt Maja Deeb, habe sie eine Marktlücke gefunden. Es gebe wenig Reitschulen für Erwachsene; doch hätten nur die wenigsten Lust, sich gemeinsam mit kleinen Mädchen erstmals auf Pferd zu setzen. Zudem eigneten sich Westernpferde sehr als Schulpferde. „Sie sind fast schreckfrei.“

Deshalb stieß die 49-Jährige in eine weitere Marktlücke und bietet Kurse für traumatisierte Reiter an, die nach einem Unfall Angst haben, wieder in den Sattel zu steigen. „Wir haben Springreiter, die schlimmste Unfälle hatten, aber auch Anfänger, die als Kind auf ein Tier gesetzt wurden, das sie abbuckelte“, erklärt Maja Deeb.

Furchtbare Erlebnisse seien das teils gewesen, die mit Knochenbrüchen oder gar Koma geendet hätten. Dennoch kann das der Liebe zum Pferd wohl keinen Abbruch tun: „Der Pferdevirus lässt einen offensichtlich nicht mehr los.“