Julia Kendziora, oder: Wenn Träume wahr werden. Vom eigenen Pferd zur eigenen Zucht. Die Mülheimer Jungunternehmerin ist erst 19 Jahre alt
Papa, ich möchte ein Pferd!
Viele kleine Mädchen haben diesen Wunsch, zumindest für eine Weile. Julia Kendzioras Papa konnte damals nicht Nein sagen. Heute ist sie 19 und träumt von einer ganzen Zucht aus Miniaturpferden. Nicht aus Plüsch - sondern von Pferden der Rasse Amerikanische Miniaturpferde. Kurzerhand hat sie sich vor zwei Monaten die ersten beiden gekauft, der Nachwuchs ist bereits unterwegs.
Dabei begann diese Geschichte, die zu einem Geschäft werden könnte, vor Jahren und ganz alltäglich.
Im Fernsehen lief Springreiten, und Julia lief zu ihrer Mutter und wollte auch Reiten lernen. Da war sie sechs, und bekam dann ihren ersten Reitunterricht. Ihre Mutter ist früher selber geritten, ihr Vater hat Rennpferde gefahren. Die Liebe zu Pferden lag daher nahe und wie es so kam, stand sie eines Tages mit großen Augen vor ihrem Vater. „Nur zum Gucken“ fuhr er mit ihr in die Eifel zu einem Gestüt - und sie verliebte sich sofort in eines der Ponys: „Playboy“ schreiend lief sie auf ihn zu - sie hatte das Pony bereits zuvor im Internet ausgespäht. So bekam sie mit zwölf Jahren doch ein Pony zu Weihnachten.
Playboy macht Unsinn
Julia kam gerade aus der Reitschule und Playboy war erst drei Jahre alt, er konnte noch nicht viel. Mit ihm hat sie alles zusammen gelernt: Anreiten, Bodenarbeit, die Körpersprache der Pferde lesen. Hier hat sie das erste Mal die gesamte Ausbildung miterlebt. Am Hötzenhof, einem Reitercamp am Niederrhein, war sie zunächst als Ferienkind dabei, später als Helferin und trainierte dort Pferde.
„An Turnieren habe ich nur aus Spaß teilgenommen, nicht um zu gewinnen“, sagt Julia. Dafür habe sie sich nicht genug interessiert, beim Englischreiten ginge es doch nur darum, welches Pferd wie viele Preise gewonnen hat. Ihr ging es darum, heil nach Hause zu kommen und zu schauen, was Playboy mal wieder anstellen würde. Ihm seien Turniere auch viel zu stressig und er baue deshalb jedes Mal Unsinn.
Und er ist nicht gerne alleine. Da kam Julia vor zwei Monaten die Idee, ihm ein Beistellpferd zu kaufen. „Etwas Außergewöhnliches sollte es sein“, sagt sie und stieß im Internet auf die Rasse American Miniatur Horse. Diese Pferde sehen ihren großen Genossen sehr ähnlich, sind nur um einiges kleiner. Die Geschichte wiederholte sich. „Nur zum Gucken“ fuhr sie zu einem Züchter - und verliebte sich in die kleine Freaky, die in der Tat wie verrückt auf sie zugerannt kam und ansonsten gerne Leuten in die Füße beißt. Sie würde zusammen mit ihrer Mama Tibbs abgegeben werde, sagte man ihr. Eine Woche später waren die zwei Pferde gekauft und stehen nun bei Playboy im Stall, in der Reitschule am Ruthertal in Essen. „Eigentlich plane ich viel, aber bei den Pferden mache ich das aus dem Bauchgefühl heraus.“
Günstig sind diese in Deutschland bisher relativ unbekannten Pferde nicht. „Ich musste dafür Opfer bringen, aber der Grund, warum ich so viel Geld ausgegeben habe ist, dass mich der Charakter der Tiere so überzeugt hat.“ Unerschrocken und überhaupt nicht zickig, so beschreibt Julia ihre zwei neuen Pferde. „Sie sind wie Hunde“, sie wiehern, wenn sie kommt und laufen ihr hinterher.
Eine Frage des Gemüts
Das ist eins ihrer Ziele, das sie durch eine Zucht zu erreichen hofft: Sie möchte die Tiere ausbilden und verkaufen, um den Menschen den tollen Charakter der Pferde näher zu bringen. Die Rasse und die Vorteile des ruhigen Gemüts möchte sie bekannter machen. Die Miniaturpferde eignen sich ihrer Meinung nach hervorragend für Kinder zum Lernen und für Therapien. „Pferde mit diesem Charakter müsste es mehr in Deutschland geben.“
Auch Kutschen ziehen und Rennen fahren können sie. Und an Shows teilnehmen. „Tibbs kommt aus Amerika, da war sie bei Shows“, sagt Julia. Nächstes Jahr möchte sie auch hier mit ihr auf Show gehen, dort wird das Aussehen bewertet, „eben, ob die Zucht gelungen ist.“
Ein Pferd im Miniaturformat, Julias Pläne sind dafür umso größer. Eigentlich ist sie zur Zeit für Bekleidungstechnik an der Uni eingeschrieben, ihre Zukunftspläne haben sich aber geändert. Sie verbringt acht Stunden täglich am Stall, die Besitzerin unterstützt sie sehr bei ihrem Vorhaben. „Als erstes werde ich vermutlich ein freiwilliges Jahr hier am Stall machen“, danach peilt sie eine Ausbildung zur Pferdewirtin an. Und wird sich dann irgendwann als Züchterin registrieren lassen. „Erstmal brauche ich die Grundlagen, und dann gucke ich, dass ich das hinbekomme.“
Ein weiteres Pferd hat sich Julia wohl schon ausgeguckt, aber das hat noch Zeit: „Es muss ja auch passen.“ Erstmal steht bei Tibbs im April Nachwuchs an, ein noch kleineres Miniaturpferd.