Mülheim. . 2017 muss Mülheim die Spielhallen-Dichte reduziert haben. Dabei gilt: Es darf nur noch Standorte mit maximal zwölf Spielgeräten geben und zur nächsten Spielhalle sowie zu Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ist ein Mindestabstand von 350 Metern zu wahren.

Mit Wetten auf Zinsen und Währungen hat die Stadt in der jüngeren Vergangenheit mehr als 10 Mio. Euro verloren. Größere Zocker sind gar die Bürger: Sie verspielten allein in den Jahren 2007 bis 2012 die stolze Summe von 68,4 Mio. Euro in den örtlichen Spielhallen. Diese sind in den vergangenen Jahren durch allzu lasche Gesetzgebung wie Pilze aus dem Boden geschossen. Die Stadt verdient über die Vergnügungssteuer kräftig mit an den Verlusten der Bürger – doch nun ist sie qua Glücksspielstaatsvertrag aufgefordert, die Spielhallen-Infrastruktur kräftig auszudünnen.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag samt Ausführungsgesetz sieht vor, dass künftig nur mehr Spielhallen mit maximal zwölf Spielgeräten genehmigt werden. Nicht mehr möglich ist, dass für einen Standort mehrere Konzessionen à zwölf Geräte vergeben werden. So konnten Spielhallen-Betreiber bis jetzt mehrere Hallen unter einem Dach betreiben. An zwei Standorten in Mülheim (im Rhein-Ruhr-Zentrum und an der Mannesmannallee in Dümpten) etwa existieren Hallen mit sechs Konzessionen – sie verfügen demnach über 72 Spielgeräte.

350 Meter Abstand zu Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe

Eine weitere neue Regelung sorgt laut Jörg Eickhoff, dem für Spielhallen zuständigen Mitarbeiter im Ordnungsamt, „dafür, dass hier zumindest keine neuen Spielhallen hinzukommen“. Fortan gilt nämlich: Eine Spielhalle muss nicht nur mindestens 350 Meter Abstand zur nächsten haben, sondern immer auch mindestens diesen Abstand zu Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Für das Ordnungsamt hat Eickhoff diese Regelungen zeichnerisch auf den Stadtplan übersetzt. Fazit: Weitere Ansiedlungen sind nach neuem Recht quasi ausgeschlossen.

Das liegt auch daran, dass den Städten laut Eickhoff „viel zu lange“ die Hände gebunden waren, um Ansiedlungen zu verhindern. So haben gar noch gesetzliche Lockerungen dafür gesorgt, dass sich in Mülheim die Zahl der aufgestellten Geldspielgeräte seit dem Jahr 2006 nahezu verdoppelt hat. Ende 2012 gab es an 27 Standorten 62 Betriebe mit insgesamt 637 Spielgeräten. Ebenso hat sich in diesem Zeitraum die Geldsumme fast verdoppelt, die in den Mülheimer Spielhallen jährlich verzockt wurde: Im Jahr 2012 waren es knapp 14 Mio. Euro. Über die Vergnügungssteuer kassierte die Stadt davon knapp 2,1 Mio. Euro.

Übergangsfrist von maximal fünf Jahren

Kein Pappenstil für den chronisch klammen Kämmerer – und doch muss die Stadt diese Einnahmequelle jetzt drosseln. Denn die neuen Regeln der Konzessionsvergabe gelten mit einer Übergangsfrist von maximal fünf Jahren auch für bestehende Spielhallen. Spätestens zum 1. Dezember 2017 muss die Spielhallen-Landschaft in Mülheim bereinigt sein. Die Stadt muss Dutzende Konzessionen einziehen. Ein rechtssicheres Verfahren dafür ist noch nicht entwickelt, zumal die mächtige Lobby der Spielhallen-Betreiber bereits Klagen gegen die neue Gesetzgebung angekündigt hat.

Bürger machen Millionenverluste in Spielhallen
Bürger machen Millionenverluste in Spielhallen © wnm

Zur Umsetzungder neuen Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag hat der Gesetzgeber Übergangsfristen für bestehende Spielhallen-Betriebe festgelegt.So gilt für Spielhallen-Betriebe, denen das Ordnungsamt nach dem 28.11.2011 eine Konzession erteilt hat, eine Übergangsfrist bis zum 1.12.2013 (ein Betrieb am Hafen), für alle anderen Betriebe eine Frist bis zum 1.12.2017.

Spielhallen-Dichte bis 1. Dezember 2017 reduzieren 

Spätestens zum 1. Dezember 2017 muss die Stadt also die Spielhallen-Dichte im Stadtgebiet reduziert haben. Dabei gilt: Es darf nur noch Standorte mit maximal zwölf Spielgeräten geben und zur nächsten Spielhalle sowie zu Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ist ein Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie zu wahren.

Man muss nur zum Forum in der Innenstadt schauen, um zu erkennen, dass die Stadt einiges zu tun haben wird, um auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrages den Spielhallen-Wildwuchs der jüngeren Vergangenheit wieder zurückzuschneiden. Drei Betriebe wirtschaften dort auf engstem Raum mit sieben Konzessionen. Ende 2017 dürfte nur noch ein Betrieb mit einer Konzession übrig sein.

Auch den größten Spielhallen-Standorten – mit sechs Konzessionen à zwölf Spielgeräten sind dies die Betriebe im Rhein-Ruhr-Zentrum (Storm Casino) und an der Mannesmannallee in Dümpten (Spiel Station) – ist an den Kragen zu gehen. Deren Betreiber müssen sich laut neuer Gesetzeslage künftig mit nur noch zwölf statt 72 Spielgeräten begnügen, wenn die angekündigten Klagen ihrer Lobbyverbände gegen das neue Recht nicht von Erfolg gekrönt sein werden.

Kriterien der neuen Konzessionsvergabe noch nicht geklärt

„Bis zum Ende der fünfjährigen Übergangsfrist“, so Jörg Eickhoff vom für die Konzessionsvergabe zuständigen Ordnungsamt, „wird eine Auswahl zu treffen sein, welche Betriebe wo bleiben können.“ Dabei ist bis jetzt nicht geklärt, welche Kriterien die Stadt der neuen Konzessionsvergabe zugrunde legen wird. Klar ist: Die Zahl der aufgestellten Geldspielgeräte (zurzeit 637) dürfte sich deutlich reduzieren, die Zahl der aktuell 62 Betriebe aufgrund der Abstandsregelung wohl auch. Eine genaue Auflistung zur Sachlage muss das Ordnungsamt noch erstellen. Bisher ist laut Eickhoff nur klar: An 35 Standorten existieren derzeit mindestens zwei Spielhallen. Künftig darf es nur noch eine sein.

Spielhallen sollen künftig von außen auch nur noch als Spielhalle gekennzeichnet sein, nicht mehr etwa als Casino. Auch aggressives Werben im Schaufenster und an den Fassaden ist untersagt. Laut Eickhoff hat die Stadt die hiesigen Betreiber auch hierauf schon Anfang des Jahres hingewiesen, „ein Großteil der Betreiber ist dem bisher aber noch nicht gefolgt“. Sanktionen scheut die Stadt noch. Die Rechtslage sei zu unsicher, sagt Eickhoff. So habe das Verwaltungsgericht Düsseldorf in dieser Frage zugunsten eines klagenden Spielhallen-Betreibers geurteilt.