Mülheim. .
Die junge Frau im grünen Morgenrock sitzt bequem in den Kissen, strahlt Wärme und Weiblichkeit aus. Ihr Blick ist liebevoll auf den Papagei gerichtet, den sie mit einem roten Apfel lockt. Wenngleich der Vogel in der indischen Mythologie für Liebeskult steht, so weist der Apfel auf Eva hin. „Quappi mit Papagei“: Zweifellos ist das Bild eine Liebeserklärung an eine junge Frau, die einem älteren Mann in der Mitte seines Lebens Sinnesfreuden bescherte, ihn beglückte – davon zeugen auch die erotischen Zeichnungen.
Max Beckmann malte seine zweite Ehefrau Mathilde von Kaulbach mit dem Spitznamen „Quappi“ mit Wonne im Blick. Ein altes Foto zeigt eine lebenslustige, fröhliche junge Frau an der Seite eines beleibten Herren mit schwindendem Haaransatz und ernstem Blick. Sie war 20 Jahre jünger er, gab seinetwegen ihren Beruf als Geigerin auf, um nur für ihn da zu sein. Max Beckmann hat Quappi „mit der Maßgabe geheiratet, dass sie ihre Musik nicht weiter aufführt“, weiß Museumsleiterin Dr. Beate Reese. Daran scheiterte bereits seine erste Ehe mit der Malerin und Opernsängerin Minna Beckmann-Tube.
Quappi mit Papagei
Der Künstler besaß eine gehörige Portion Selbstironie. In seiner Autobiografie schrieb er u.a. „Beckmann ist ein nicht sympathischer Mensch“ oder „Beckmann krankt an einer nicht tot zu bekommenden Vorliebe für die mangelhafte Erfindung ,Leben’“.
„Quappi mit Papagei“ – das weltberühmte Gemälde, das 1936 in Berlin entstand, ist in Mülheim zu Hause. Das Kunstmuseum mit der Sammlung Ziegler besitzt weitere Werke von Max Beckmann (1884 - 1950), die zumeist nach der nationalsozialistischen Machtergreifung entstanden sind, wie das Aquarell „Holländische Fischer am Strand“ samt Studie oder die letzte große grafische Mappe „Day and Dream“ von 1946. Das war Beckmanns Visitenkarte und Brücke nach Amerika. Von den Nazis diffamiert und verfolgt, ging er mit „Quappi“ zunächst nach Amsterdam und dann in die Vereinigten Staaten. Der geschätzte Künstler kehrte Deutschland für immer den Rücken. „Ich spaziere an der Peripherie des Lebens“, fasste er seine Erfahrungen in dieser Zeit zusammen. Mit weiteren Arbeiten aus dem Nachlass von Mathilde Beckmann des Kunstmuseums in Leipzig und Unterstützung des Förderkreises ist eine sehr private Ausstellung mit rund 30 Skizzen, Entwürfen, Aquarellen und Zeichnungen entstanden, die Einblick in das Leben des Paares mit Hund Butchy gibt: Licht- und Schattenseiten. Zur Eröffnung am morgigen Samstag, 17 Uhr, gibt Dr. Hans-Werner Schmidt, Direktor des Leipziger Museums, eine Einführung in die Ausstellung.
Kunst im Exil
Max Beckmann. Von Europa nach Amerika“ (bis 24. November 2013) markiert den Anfang einer Reihe mit Ausstellungen, die sich mit der „Kunst im Exil“ auseinandersetzen. „Drei Künstler unterschiedlicher Generationen, die durch Weltkriege und den Nationalsozialismus in ihrem Schaffen beeinträchtigt worden sind“, so Museumsleiterin Dr. Beate Reese. Die „Exilforschung“ sei noch relativ jung. Im Hinblick auf den Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) würde das Thema 2014 bundesweit an Bedeutung gewinnen.
In Mülheim muss man nicht weit schauen: Sowohl Otto Pankok als auch Arthur Kaufmann wurden von den Nationalsozialisten verfolgt und zogen sich in die innere oder äußere Emigration zurück. Vom 15. September 2013 bis 12. Januar 2014 widmet das Kunstmuseum dem gebürtigen Saarner Otto Pankok (1893 - 1966) zum 120. Geburtstag eine Präsentation – Schwerpunkt Kohlezeichnungen. Gut 300 Arbeiten, darunter Pankoks Jugendwerk, gehören zur Sammlung des Kunstmuseums.
Vom 20. September bis 17. November 2013 beleuchtet eine dritte Ausstellung das Leben und Werk des 1888 hier geborenen Künstlers Arthur Kaufmann: „Exil – Ein zweites Leben?“ Wie Beckmann emigrierte er erst in die Niederlande und von dort aus 1936 in die USA. Im Exil versuchte er, seinen Lebensunterhalt vor allem mit Porträtaufträgen zu verdienen.
Wie schwer es ihm und vielen anderen fiel, eine neue Existenz zu finden, wird durch biografische Aussagen, z. B. von Klaus Mann, belegt. 18 Porträts aus Kaufmanns Nachlass, der sich im Kunstmuseum befindet, konnten mit der Hilfe des Landes NRW restauriert werden.