Mülheim. . Das Kunstmuseum in der Alten Post zeigt in einer Kooperation mit Krakau ab Mitte März Werke, die in der Nazi-Zeit verfemt waren .
Die Werke aus dem Kunstmuseum sind begehrt und einige in anderen Häusern zu sehen. Franz Marcs „Kühe unter Bäumen“ ist derzeit in der Wiener Albertina ausgestellt und Max Beckmanns „Quappi mit Papagei“ in einer großen Beckmann-Ausstellung in Leipzig. Gleich sechs Werke aus den Beständen wurden bis Ende Januar an das internationale Kultur Zentrum in Krakau verliehen.
Wenn die fünf Bilder und die eine Skulptur im nächsten Jahr wieder aus Polen zurück kommen, werden sie mit der kompletten Ausstellung „Die Jagd auf die Moderne. Verbotene Künste im Dritten Reich“ als einzige Station in Mülheim präsentiert. Die Ausstellung, die sich neben der Malerei und Bildhauerei auch eindrucksvoll mit der Verfolgung und Unterdrückung von Musikern und Literaten beschäftigt, wird in der Alten Post vom 18. März bis 28. Mai zu sehen sein.
Dann jährt sich auch die Münchner Ausstellung der Nationalsozialisten, wo Werke der klassischen Moderne als entartete Kunst gebrandmarkt wurden, zum 75. Mal.
Ein Glücksfall
Museumschefin Beate Reese, die zur Eröffnung in Krakau dabei war, sieht in der groß angelegten Ausstellung einen Glücksfall, um den sie noch nicht einmal kämpfen musste. Dafür disponiere sie gerne ihre bisherige Ausstellungsplanung um. „Aber die Ausstellung passt absolut zu unserem Haus“, sagt sie.
Um eine derart komplexe Ausstellung alleine zu stemmen, habe das Haus einfach nicht die personellen und finanziellen Mittel. Möglich wurde die Ausstellung, für die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Polen-NRW-Jahr 2011/12 die Schirmherrschaft übernommen hat, auch durch die Unterstützung durch den Landschaftsverband Rheinland (LVR).
Die Ausstellung bietet daher auch eine Wiederbegegnung mit einer alten Bekannten, zumindest indirekt: Gabriele Uelsberg, die das Kunstmuseum zehn Jahre lang von 1994 bis 2004 leitete und jetzt beim LVR beschäftigt ist, hat die Ausstellung mitkonzipierte. So findet sich auch in dem über 400 Seiten starken informativen und reich bebilderten Katalog ein Beitrag von ihr – wie alle Texte im Katalog dreisprachig.
Ausstellungstätigkeit blieb Pankok verwehrt
Die Jahre 1933 und 1937 waren auch für die Entwicklung der modernen Kunst ein radikaler Einschnitt, von dem sie sich nach dem Krieg nur langsam erholen konnte. Bücher wurden verbrannt, Künstler an ihrer Arbeit gehindert, verfolgt, getötet oder ins Exil getrieben , wo sie nicht nahtlos mit ihrer Kunst weitermachen konnten.
Ausstellung mit Werken von Franz Marc
Ein zweiter Höhepunkt im Ausstellungsprogramm des Kunstmuseums, das Museumsleiterin Beate Reese gestern im Kulturausschuss vorstellte, ist eine Ausstellung von Franz Marc, die sich vor allem mit Katzenmotiven beschäftigen wird. Ermöglicht wird diese attraktive Schau, die bei dem derzeitigen Jahresetat von 60 000 Euro nicht zu realisieren wäre, durch das Engagement der Stiftung Sammlung Ziegler. Die Stiftung werde sich künftig wesentlich stärker engagieren, kündigte Reese an, auch finanziell. Personell werde die Ausstellung von Michael Kuhlemann kuratiert, der auch schon die Ausstellung „Die Stille im Lärm der Zeit“ konzipiert hatte. Die Ausstellung wird in Kooperation mit dem Franz Marc Museum im bayerischen Kochel und der hannoverschen Stiftung Pro Arte realisiert. Ein Termin für diese Ausstellung steht noch nicht fest. Angepeilt wird für 2014 eine weitere große Publikumsausstellung. Und außerdem kommen immer weitere Werke der klassischen Sammlung dauerhaft in den Besitz des Kunstmuseums. Zuletzt kam das Ölgemälde „Auf rotem Tuch“ von Alexej Jawlensky. Außerdem engagiert sich die Stiftung bereits in diesem Jahr bei Projekten der kulturellen Bildung.
20 Werke aus dem Mülheimer Kunstmuseum wurden entfernt und als entartet gebrandmarkt. Darunter auch Werke von Max Beckmann, George Grosz und Conrad Felixmüller. Eine Ausstellung von Otto Pankoks Werken zur Passion wurde bereits ein Jahr zuvor geschlossen. Eine weitere Ausstellungstätigkeit blieb Pankok verwehrt. Für das Haus gab es auch schon konkrete Pläne: Ganz im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie von Blut und Boden sollte völkische Kunst gezeigt worden. Als Raum dafür war schon die Thyssen-Villa, der Priestershof, gekauft worden. Doch dazu kam es durch den Ausbruch des zweiten Weltkrieges nicht mehr.
Einige der beschlagnahmten Werke wurden in der Münchner Ausstellung krumm und schief zur Schau gestellt, die am 19. Juli 1937 in den Hofgarten-Arkaden eröffnet wurde. Darunter war auch der glänzende Frauenkopf von Rudolf Belling. Ein Abbild der damaligen Mode in glänzender Bronze. „Es war ein Bubi-Kopf, für den eine bekannte Tänzerin Modell stand. Er symbolisiert die selbstbewusste, unabhängige Frau. Das passte nicht ins Frauenbild der Nazis“, erzählt Reese.
Verachtete Avantgarde
Die Nazis verachteten die Avantgarde, ihren Wert auf dem Kunstmarkt erkannten sie aber dennoch. So zerstörten sie nicht alle Werke, sondern verkauften sie. So wurde Hofers Mädchen mit der Blattpflanze, dass 1928 das erste Mal vom Museum erworben wurde, 1937 beschlagnahmt und ein Jahr später nach Oslo weiterverkauft. Auch die beiden Nolde-Werke Johannes der Täufer und das Wasserrosenstillleben erlebten eine Odyssee, ehe sie Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre mit der Unterstützung des Landes zurückgekauft wurden.
Zu sehen sind in der Ausstellung auch Arbeiten, die in Konzentrationslagern, etwa in den grafischen Werkstätten von Theresienstadt, entstanden sind. Unter den Musikern ragen die Namen Hanns Eisler und Kurt Weill heraus, die durch ihre Zusammenarbeit mit Bert Brecht berühmt wurden.
Andere Komponisten gerieten in Vergessenheit, mussten wie Artur Gold das Lager-Orchester leiten oder hatten nie die Chance, sich einen Namen zu machen. In Vitrinen liegen die Werke von Anna Seghers, Lion Feuchtwanger oder ein Band der Reden, die Thomas Mann im britischen Rundfunk hielt. Hörstationen runden das Bild ab.