Mülheim. Die Ergebnisse der Lernstandserhebung wurden erst öffentlich, nachdem im Landtag der FDP-Abgeordnete Ralf Witzel nachfragt. Mülheim liegt im oberen Mittelfeld.
Es ist seltsam: Da wird jedes Jahr mit großem Aufwand in ganz Deutschland ein Test durchgeführt, aber die Ergebnisse werden nicht mitgeteilt. Und wenn sie dann doch plötzlich öffentlich werden, ist die Bewertung doch höchst unterschiedlich. Die Rede ist von den sogenannten Lernstandserhebungen: Bei allen Achtklässlern in allen Schulformen wird überprüft, wie es um ihr Können in Mathe, Deutsch und Englisch bestellt ist.
Was gut und was schlecht ist, wird dabei aber nicht mit Hilfe der klassischen Noten-Skala ausgedrückt, sondern den Schüler werden fünf Kompetenz-Niveaus zugeordnet. Man muss wissen: „Kompetenz“ ist zu so etwas wie dem Zauberwort der Schulpädagogik geworden. Suggeriert der Begriff doch, die Fähigkeiten der Schüler differenzierter erfassen zu können als es eben mit der klassischen Notenskala möglich wäre. Wenn die Ergebnisse aber so aussagekräftig sind, warum werden sie dann nur von interessierter Seite der Öffentlichkeit mitgeteilt?
Seitens des Schulministeriums traut man den Menschen offensichtlich nicht zu, sich auf die Zahlen selbst einen Reim machen zu können. Dass die lokalen Ergebnisse nun vorliegen, ist allein die Folge einer kleinen Anfrage des Essener FDP-Landtagsabgeordneten Ralf Witzel an die Landesregierung. Der Liberale kann nicht verstehen, warum die Daten zurückgehalten werden.
Anfrage ans Ministerium
Die Ergebnisse sind den einzelnen Schulformen zuzuordnen. Witzel sieht daher in ihnen wichtige Entscheidungshilfen für Eltern. Etwa dann, wenn darüber nachgedacht wird, welchen Schultyp ihre Kinder besuchen sollen. Besonders sensibel an der Auswertung: Jede Mülheimer Schule wird einem Standort-Typ zugeordnet. Auch hier reicht die Skala von eins - der besten Variante - bis fünf.
Und genau diese Kategorisierung scheint der Grund zu sein, warum das Schulministerium die Ergebnisse der Erhebung am liebsten nur für den internen Gebrauch verwenden will: „Der einzelnen Schule sollen die Ergebnisse dabei helfen, sich selbst besser einzuordnen.
Der Vergleich zu den Vorjahren kann zeigen: Haben wir uns verbessert? Und: Wo gibt es Probleme?“, so Ministeriumssprecher Jörg Harm auf NRZ-Anfrage. „Keinesfalls sollen die Ergebnisse aber zu einer Art Ranking führen.“, betont er. Es gehe gerade nicht darum, eine Rangliste aufzustellen, denn dies würde nur Unruhe an die einzelnen Standorte bringen. Und die sei letztlich Gift für eine erfolgreiche pädagogische Arbeit vor Ort. Man sei froh, das bisher verhindert zu haben.
Die Zahlen für politischen Manöver nutzen
Und was sagt der Unruhestifter dazu? Interessanterweise ist Ralf Witzel gar nicht so weit vom Ministerium entfernt. Dass der FDP-Abgeordnete die Zahlen natürlich in erster Linie für ein politisches Manöver nutzen will, ist klar - und das richtet sich vor allem gegen die Gesamtschulen, die größtenteils nur Ergebnisse im unteren Drittel aufweisen.
Aber Witzel ist auch fähig zu differenzierenden Zwischentönen: „Man kann die Ergebnisse nicht nur isoliert betrachten, sondern muss natürlich auch schauen, in welchem Stadtteil ist die Schule? Mit welchen Problemen haben die zu kämpfen? Aber ich bin auch davon überzeugt, dass es den Schulen nutzt, offensiv an die Öffentlichkeit zu gehen.“
Gerade wenn man offen zu seinen Werten stehe und diese erläutere , könne man sich profilieren. Man könnte auch sagen: Eltern haben die Kompetenz, sich ein differenziertes Urteil zu bilden - man muss sie nur lassen.