Mülheim. .
Viele Schüler quälen sich mit der Frage, was nach dem Abschluss kommt, welchen Beruf sie ergreifen möchten. Marie Sterling hingegen kannte die Antwort darauf lange – und die lautete Naturwissenschaften. Chemie war ihr Lieblingsfach; und mit Chemie wollte sie später ihr Geld verdienen. . . Doch dann kam die Oberstufe, mit ihr eine neue Lehrerin und plötzlich stimmte die Chemie nicht mehr. Aus vorher guten Noten wurde eine Fünf, ein Defizit, das sie bis zum Abitur begleitete. Dass sie dennoch an ihrem Berufswunsch festhielt, verdankt Marie Sterling ihrer Mutter und einem Praktikum – und es war die richtige Entscheidung: In diesem Sommer bestand sie ihre Ausbildung zur Chemielaborantin am Max-Planck-Institut (MPI) für Kohlenforschung – mit einer Eins!
Die schlechten Noten hatten ihr den Spaß an der Chemie eigentlich schon verdorben, gibt Marie Sterling zu: „Ich hatte gar keine Lust mehr, mich in diesen Bereich zu orientieren.“ Denn natürlich machte sich die Broicherin auch Sorgen: „Wenn ich in der Schule schon so Probleme habe, wie soll ich dann die Ausbildung schaffen?“, fragte sie sich. Und auf einer Bewerbung macht sich eine solche Schulnote auch nicht gerade gut. Aber ihre Mutter ermunterte sie, an ihrem ursprünglichen Wunsch festzuhalten.
Praktikum als Schlüsselerlebnis
Die Lösung für dieses Dilemma war ein Praktikum beim MPI, wo Marie Sterling in die Praxis schnuppern konnte und zugleich einen guten Eindruck hinterließ. „Ich habe so die Ausbildungsleiterin kennengelernt“, erinnert sich die heute 22-Jährige. Und über dieses persönliche Kennenlernen war der Ausbildungsplatz zur Chemielaborantin gesichert.
Im August 2010 ging es los. Immer noch hatte Marie Sterling gemischte Gefühle: „Ich hatte Angst, dass ich nicht mitkomme.“ Aber die war unnötig: „Es wurde viel wiederholt.“ Zwar habe sie auch viel gelernt – aber zum ersten Mal seit langem hat sie „wieder einen Sinn gesehen“ in dem, was sie da lernt.
Im Forschungslabor hat sie angefangen. „Da haben wir versucht, bestimmte Produkte herzustellen“, erklärt sie es für Laien verständlich. Später ging sie in die Analytik, wo die hergestellten Produkte geprüft werden. Dieser praktische Ansatz, der ihr während der Oberstufe am Gymnasium Broich fehlte, brachte ihr die Freude an Chemie zurück. „Mir hat in der Schule zuletzt der Praxisbezug gefehlt. Wir haben kaum Versuche gemacht, dabei sind gerade die in Chemie entscheidend.“
96 % in der Abschlussprüfung
Nun bestand sie ihre Abschlussprüfung mit 96 %. „Ich war eine von Dreien, die an der Kammer mit Eins bestanden haben“, sagt Marie Sterling und fügt hinzu: „Wir kamen alle drei vom MPI.“ Doch auch in Zukunft will sie weiter die Schulbank drücken und ihren Techniker machen. Vier Jahre wird sie dazu die Abendschule besuchen.
Für die junge Chemielaborantin zeigt ihr Werdegang, dass man bei der Berufswahl mehr auf seine Neigungen denn auf Noten achten sollte. „Noten sind nicht alles“, sagt sie und ist selbst der beste Beweis.