Hartmut Mäurer, der an diesem Tag die Zählkommission des SPD-Parteitages leitet, verkündet mit versteinertem Blick das Ergebnis: Auf Lothar Fink entfielen 86 Ja- und 43 Nein-Stimmen bei sechs Enthaltungen. Ein niederschmetterndes Resultat für einen Parteivorsitzenden, der sich zur Wiederwahl stellt und zuvor kämpferisch versucht hat, die SPD auf Wahlkampfkurs zu trimmen. 66 Prozent! In der Stadthalle herrscht zu dem Zeitpunkt Stille. Zaghaft fangen einige an zu klatschen, es bleiben Ausnahmen. Was ist mit den Genossen los?

Lothar Fink steht auf, man sieht ihm den Schrecken an. „Ich nehme die Wahl an“, sagt er und versucht ein Lächeln. Er selbst kann sich das Ergebnis nicht erklären, sagt er später im Gespräch mit der WAZ und versucht sich zu trösten: „In Mülheim hatten es die Parteivorsitzenden noch nie leicht.“ Selbst der heute hoch geschätzte Gerd Müller schaffte einst nur um die 75 Prozent. Er sei enttäuscht, sagt Fink und fühle sich mit Blick auf die Leistung der letzten zweieinhalb Jahre auch ungerecht behandelt.

Viele Sozialdemokraten blieben schweigsam

Mit 80 Prozent hatten die Genossen ihn damals an die Spitze gewählt. Unmut, Proteste – bei Fink Fehlanzeige. „Mich hat nichts von dem erreicht.“ Gut möglich, dass der Rauschmiss der neben Fink zweiten Awo-Geschäftsführerin Adelheid Zwilling (SPD) eben durch Fink mit zu der Talfahrt geführt habe. Aber so richtig glaubt das Fink nicht. „Da würde man den Vorgang überbewerten.“

Viele Sozialdemokraten bleiben schweigsam nach der Wahl. Ist die SPD zerstritten, wie es die CDU jüngst offen beklagte? Eindeutig nein, betont Fink. Und Fraktionschef Dieter Wiechering fragt mit Blick in die Parteitagsrunde: „Sehen Sie hier Streitende?“ Aber von einer stillen Unzufriedenheit spricht der Fraktionschef und bedauert, dass diese nicht offen artikuliert werde.

Arno Klare spürte im Vorfeld keine Protesthaltung

OB Dagmar Mühlenfeld fürchtet angesichts der Verschwiegenheit gar eine Unkalkulierbarkeit in der Partei. Selbst Arno Klare, Geschäftsführer und Bundestagskandidat, der die SPD in Mülheim wie kaum ein anderer kennt, hat nach eigenem Bekunden nichts von jener Protesthaltung im Vorfeld gespürt.

„Wir sind gut aufgestellt“, hat Fink zuvor erklärt, und das Trio OB Dagmar Mühlenfeld, Dieter Wiechering und eben seine Person als gute Rollenverteilung gelobt. Noch näher ran an den Bürger, gibt er als Losung für die nächste Jahre aus und lobt, dass die SPD die einzige Partei in der Stadt sei, die mit den Bürgern ein Programm für Mülheim entwickelt habe und es weiterhin mache.

Als stellvertretende Parteivorsitzende bestätigten die Genossen Dagmar Mühlenfeld mit 112 Ja- und 16 Nein-Stimmen sowie Constantin Körner (109 Ja-, 15-Nein-Stimmen).