Mülheim.
Manchmal sind die Grundlagen banal – aber entscheidend. „Passt auf, dass das Sprüh-Ding in die richtige Richtung zeigt!“ Dennis Broszats Ruf kommt gerade rechtzeitig: Alle 13 Jugendlichen, die an dem von ihm geleiteten Graffiti-Workshop teilnehmen, sprühen die Wand an – und nicht sich selber. Zwei Tage lang probten sie in Styrum die Kunst des Sprayens. Dort hat die katholische Gemeinde St. Mariae Rosenkranz bereits vor rund zehn Jahren Flächen dauerhaft freigegeben.
Zwölf Jungs und ein Mädchen sind zum Jugendpastoralen Zentrum am Marienplatz gekommen. Allesamt absolute Anfänger, wollen sie den Umgang mit der Sprühdose lernen. Dass Dennis Broszat weiß, worauf es dabei ankommt, ist nicht zu übersehen: Die Hauswand des Jugendheims hat er vor fünf Jahren gestaltet. Das, berichtet Jugendseelsorger Norbert Dudek, war der Anfang der Zusammenarbeit des Saarners mit der Styrumer Gemeinde: „Ich war zuerst auch skeptisch. Aber er hat mir Zugang zu dieser Kunst verschafft.“ Inzwischen sieht der Pastor darin eine Möglichkeit für Jugendliche, kreativ zu sein.
Und es ist ein Weg, um die wilden Sprühereien einzudämmen, sagt Dudek: Der „Ehrenkodex“ keine Arbeit zu übersprühen, die besser ist als das, was man selbst darüber setzen könnte, scheint in Styrum zu greifen. Seit 2008 ist Broszats Wand unangetastet. Stattdessen erreichen die Gemeinde E-Mails von Menschen, die das Werk im Vorbeifahren gesehen haben.
Nähe zur Bahnlinie macht Wand für Sprayer attraktiv
Eben diese Nähe zur Bahnlinie habe die Wand so attraktiv gemacht, weiß Dennis Broszat. Er will seine Workshops so vermitteln, „dass die Leute nicht nachts um die Häuser ziehen“. Vielmehr gehe es darum, vom DIN-A4-Blatt weg und an die Wand zu kommen. Deshalb hält er sich am ersten Workshop-Tag nicht mit langen Vorreden auf, gibt lediglich eine kurze Einführung zu verschiedenen Sprühdüsen und zur Vermeidung von Schlieren. „Je größer die Düse ist, desto schneller müsste ihr sein, weil mehr Farbe rauskommt.“ Die Jugendlichen legen gleich los – zunächst unbeholfen, aber enthusiastisch. Ihren Namen sprühen sie, Buchstaben, Herzen oder Linien. Und dabei zeigt sich, dass es gar nicht so leicht ist, eine gleichmäßig dicke, gerade Linie hinzubekommen. „Noch nie“ hatte etwa Malte eine Sprühdose in der Hand. „Bisher habe ich nur auf Papier gemalt.“ Dafür, findet der 14-Jährige, „funktioniert es ganz gut“.
„Zuerst“, räumt der Workshopleiter ein, „sieht es aus wie Kraut und Rüben“, am Ende entsteht aber ein Gemeinschafts-Werk, das sich sehen lassen kann. „Das letzte ist fast ein Jahr stehen geblieben.“ Laut Sprayer-Ehrenkodex sagt das eine Menge.