Mülheim. .
Nach und nach trudeln die Jugendlichen am Samstagvormittag, begleitet von Freunden und Familien, in der Wertstadt ein, um ihre farbenfrohen Kunstwerke in der Ausstellung zu zeigen. Vanessa (15) und Samantha (11) haben sich aufs Sprayen konzentriert und zeigen stolz ihre Bilder. „Ich fand Graffiti immer schon toll und wollte es einfach mal ausprobieren“, sagt Vanessa, die ihren Namen „NESSA“ in verschiedenen Farben auf Leinwände gesprüht hat.
Ein knallrotes Herz mit Kopfhörern zählt ebenfalls zu ihren Werken. Auch Samantha, „SAM“, hat in Variationen ihren Namenszug und „I Love Musik“ auf Leinwand gesprüht. Unter Anleitung von Damian Bautsch, Graphikdesigner und Sprayer seit 20 Jahren, haben sie im Rahmen des Jugend Potenzial Projekts „JUPP!“ die Grundbegriffe des Sprayens erlernt.
Wissen, worauf es ankommt
Sie wissen nun, worauf es ankommt, haben Skizzen erstellt und „Outlines“, die Umrandungen der Buchstaben bei einem Graffito, geübt. Sie haben erfahren, was illegal ist und wo es „Hall of Fames“ gibt, also Wände, auf denen sie sich legal künstlerisch ausdrücken dürfen. Mit Atemschutzmaske, Schutzhandschuhen und -Anzug verkleidet zeigen sie ihr Können auch bei der Vernissage im Ladenlokal an der Leineweberstraße 15-17.
Aber nicht nur die Sprayer, sondern auch die Jugendlichen, die sich für Hip-Hop und Filmen entschieden haben, sind gekommen. Susanne hatte schon etwas Ahnung vom Rappen, als sie zum Projekt kam. Workshop-Leiter, Rapper und DJ „Bud MH“ alias Daniel Schauenburg hat sie und andere Jugendliche am gemeinsamen Wochenende in Garbeck beim Texten und Singen angeleitet. Die Beats für den Sprechgesang hat Daniel gebaut, aber wer Interesse hatte, durfte das ebenfalls lernen.
Probleme mit den Kamera-Akkus
„Wir haben uns überlegt, zu welchen Themen wir was schreiben wollten. Ich habe mich für Schule und Freizeit entschieden, die Texte müssen sich ja nicht immer um Gewalt drehen. Wir haben zu sechst darüber gerappt, was wir gut und blöd finden, wie wir uns fühlen“, erklärt die Dreizehnjährige, die den deutschen Rapper „Cro“ gut findet.
Die nachdenklichen und kritischen Songs sind dem Film über das Workshop-Wochenende im Jugendhaus unterlegt, der zur Ausstellung gezeigt wird. Ediz (12) hatte leider im Video-Workshop etwas Pech. Die Akkus der Kameras waren zu schwach für die Realisierung aller Ideen. Er konnte nicht so viel filmen, wie er geplant hatte.
15 Jugendliche im Sauerland
Isabelle Wojcicki, Diplom-Pädagogin im Jugendzentrum Stadtmitte, erinnert sich begeistert an die Tage: „Wir fünf Betreuer sind mit einer heterogenen Gruppe von 15 Jugendlichen im Alter von zwölf bis 18 ins Sauerland gefahren. Daraus ist eine homogene Gemeinschaft entstanden, die sich toll verstanden hat. Wir haben gekocht, gespielt und Kunst gemacht. Alle haben sich super eingefügt und mitgemacht – es war herrlich!“
Auch der Workshop im Jugendzentrum am vergangenen Dienstag brachte noch einmal gute Ergebnisse. Da konnten dann andere Kids mitmachen und sich in die Graffiti-Kunst einweihen lassen. Die Frage, ob die gesprayten Bilder, die Musik und die Filme Kunst sind oder nicht, stellt sich den jungen Akteuren gar nicht. Sie finden sich in ihren Werken wieder, denn sie haben sich individuell und kreativ ausgedrückt und sind auf die Ergebnisse stolz. Das sollte man auf jeden Fall als Kunst bezeichnen!