Mülheim. .
Ihr Arbeitswerkzeug hatten die Künstler zur Vorführung ihres fast fertigen Werkes vergessen. „Die Spraydosen sind zuhause“, sagt Dennis Broszat. Zusammen mit fünf Mülheimer Schülern hat der Graffiti-Künstler eine Wand der Stadthallen-Tiefgarage besprayt – legal. „Wir brauchten neue Hinweisschilder“, sagt Joachim Exner, „und Blechschilder wollten wir nicht“, so der Leiter der Stadtbetriebe, der Broszat für die Arbeiten beauftragt hat. Neben dem fertigen Eingangshinweis, wird Broszat in den nächsten Tagen auch noch den Wegweiser zum Kassenautomat durch ein Graffiti ersetzen.
Die legalen Graffiti teilen sich die Tiefgarage mit zahllosen illegalen Schmierereien. Säulen und Wände sind voller „Tags“, wie die Sprayer ihrer Signaturen und Kürzel nennen. „Das ist Vandalismus“, kommentiert Exner. Das Werk von Broszat und den Schülern ist für den Leiter der Stadtbetriebe daher auch ein Appell: „Jungs, das ist Kunst“. Daher werden die anderen Graffiti nicht geduldet, sondern wie bislang: überstrichen.
Graffiti soll illegale Schmierereien vermeiden
Gleichzeitig ist das legale Graffiti aber auch ein Test, ob sich durch kunstvolle Gestaltung der Wände, Schmierereien zukünftig vermeiden lassen. „Normalerweise wird in der Graffiti-Szene das Werk des anderen respektiert und nicht beschmiert“, sagt Broszat. Es ist nicht das erste Mal, dass Broszat eine Wand verschönern soll, damit dort nicht mehr illegal rumgeschmiert wird. „In gewisser Weise profitiere ich durch solche Aufträge von den illegalen Schmierereien“, sagt Broszat.
Graffitti-Workshop
Die Anfrage zur Verschönerung der Tiefgarage hat Broszat vor rund vier Monaten von der Stadt erhalten. Auf Facebook hat er einen Aufruf an Mülheimer Schüler gestartet, um unter seiner Anleitung gemeinsam die Tiefgaragen-Wand zu besprühen. „Gemeldet hatten sich ursprünglich zwölf, gekommen sind dann fünf“, sagt Broszat. Vier Tage lang haben sie gemeinsam die Wand besprüht. Jeder Workshop-Teilnehmer war für einen festen Teil des Kunstwerkes verantwortlich.
Öffentliche Flächen zum legalen Sprühen
Leon Opladen hat die Noten gesprayt und die Buchstaben ausgefüllt. Für den elfjährigen Mülheimer war es das erste Mal, das er eine Spraydose in der Hand gehalten hat: „Ich habe vorher nur zuhause gemalt“, sagt er, „aber ich hoffe, dass ich noch ein paar Mal mitmachen darf“.
Auch für die zehnjährige Celine Teloh war es der erste Sprayeinsatz ihres Lebens. Sie hat das Unterhemd des Roboters mit Punkten versehen und die Vögel aufgesprüht. Spaß hat es ihr natürlich gemacht, aber: „Das stinkt“, sagt Celine. Daher hat Broszat mit seinen Nachwuchs-Sprayern auch öfter mal eine Pause an der frischen Luft eingelegt. Der Künstler hofft, dass in Mülheim auch außerhalb von Workshops legal gesprayt werden darf.
Bislang hat die Stadt Mülheim im Gegensatz zu einigen Nachbarstädten keine öffentlichen Flächen ausgewiesen, an denen legal gesprüht und gemalt werden darf, aber: „Die Flächen werden kommen“, sagt Matthias Knospe vom Immobilien-Service. Nach einem entsprechenden Ratsbeschluss im Juli, sucht der Immobilien-Service derzeit nach freien Flächen für legale Graffiti.