Mülheim.
In die Debatte um Abriss, Nutzung, Zukunft des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes hat sich in jüngster Zeit ein neuer Hinweis geschlichen: Das frühere Hertie-Haus in Gelsenkirchen-Buer wird als Vorbild für Mülheim herangezogen. Es wurde, nach dreijährigen Verhandlungen, gerade von engagierten Geschäftsleuten und Bürgern gekauft.
Federführend hierbei ist die Buer Management GmbH (BMG), die bereits im Frühjahr 2000 von ortsansässigen Hauseigentümern gegründet wurde. Sie möchte Gelsenkirchens nördliches Zentrum, das traditionell als wohlhabender gilt als die City am Hauptbahnhof, lebendig halten und Leerstände vermeiden. Sprecher der BMG ist Dr. Siegbert Panteleit, der selbst ein Büro für Standort- und Projektentwicklung betreibt und das Ruhrgebiet gut kennt.
„Wir arbeiten sehr kooperativ mit der Stadt zusammen“, betont Panteleit. Gemeinsam entwickelte man zunächst einen Leitplan für das Herz von Buer, auf dessen Grundlage in den vergangenen Jahren mehrere Projekte umgesetzt wurden. Panteleit nennt insbesondere die Umgestaltung des Marktplatzes. „Hier hat die BMG rund 850.000 Euro vorfinanziert für die Stadt. Refinanzieren soll sich das Ganze aus Parkgebühren.“
Für alle Bereiche gibt es schon Mieter
Nun also nehmen sich die Bueraner des einst dominanten Kaufhauses an, welches im Sommer 2009 als Hertie-Filiale geschlossen worden war. Zuletzt nutzte noch der Möbelhändler Gooran das Parterre der Immobilie, die fünf Stockwerke umfasst mit einer Nutzfläche von insgesamt rund 10.000 qm.
Für den Kauf, der vor rund zwei Wochen bekannt wurde, schlossen sich einige Mitglieder der BMG mit weiteren Personen zusammen. „Grundstückseigentümer, Bürger, Unternehmer, Anwälte, Steuerberater“, so umreißt Panteleit den Kreis, der anonym bleiben möchten. „Warum sollen sie namentlich an die Öffentlichkeit gehen? Das Projekt spricht für sich. Es sind nicht alles vermögende Leute, jeder steckt so viel Geld hinein, wie er kann.“ Die Höhe des Kaufpreises wird vertraulich behandelt.
„Es gibt schon für alle Bereiche Mieter“, teilt der BMG-Sprecher mit: im Parterre und ersten Stock soll es Einzelhandel geben, außerdem Dienstleistungen und im obersten Geschoss rund 1 600 qm Wohnfläche. Wie die WAZ vor Ort erfuhr, soll auch die Stadtbücherei dort einziehen.
Bis aus dem Hertie-Haus jedoch dieses neue Zentrum geworden ist, samt Tiefgarage, werden noch zwei Jahre vergehen, schätzt Panteleit, der auch die Mülheimer Innenstadt und den Kaufhof-Leerstand aus eigener Anschauung kennt. Einen wohlmeinenden Rat mag er mit Blick auf die Schlossstraße nicht geben, nur so viel: „Grundlage von allem, was wir machen ist, dass sich Gemeinschaften bilden, die etwas wollen.“
Klare Absage an SPD-Vorschlag zum Kaufhof
Sollte die Stadt über eine ihrer Töchter das ehemalige Kaufhof-Gebäude erwerben, um die Stadtentwicklung an der Stelle zu befördern? Der SPD-Fraktionschef und Vorsitzende des Planungsausschusses, Dieter Wiechering, hatte dies im Gespräch mit dem WAZ-Leserbeirat vorgeschlagen. Wie denken die anderen Fraktionen im Rat darüber? Lediglich die FDP könnte sich damit anfreunden, um den seit Jahren andauernden Stillstand an der Stelle zu beseitigen.
Die CDU bleibt bei ihrer Linie: Auf keinen Fall könne die Kommune öffentliches Geld verwenden, um einem Unternehmer, der eine schnelle Mark machen wollte und sich verkalkuliert hat, das Problem abzunehmen, so deren Fraktionschef Wolfgang Michels. Ähnlich denken Wir-Linke: „Das wäre das allerletzte in der jetzigen Situation“, so Achim Fänger.
Grüne lehnen den Erwerb der Kaufhof-Immobilie durch die Stadt ab
Die Grünen lehnen den Erwerb der Kaufhof-Immobilie durch die Stadt oder eine ihrer Tochter-Gesellschaften ebenfalls ab. „Kreative Gedanken“, erklärt Fraktionschef Tim Giesbert, „darf sich jeder machen. Der Kauf der Immobilie aber wäre nicht kreativ, sondern zum Schaden der Stadt. Alle Vorteile lägen beim Eigentümer Jochen Hoffmeister. Er bekäme öffentliche Gelder zur Korrektur eine unternehmerischen Fehlleistung. Warum sollen eigentlich die Stadt und damit die Bürger für die Folgen der Wahlkampf-Blase „Ruhrbanium“ haften?“ Sprängen, so Giesbert, städtische Tochterunternehmen ein, habe auch dies die Stadt letztlich zu tragen. Dass die Bezirksregierung zustimme, sei mehr als unsicher. Rund um den ehemaligen Kaufhof müsse etwas geschehen müsse, aber nicht um jeden Preis.
Die MBI lehnen ebenfalls die Übernahme des Kaufhof-Gebäudes durch die Stadt strikt ab. Sie fordern statt dessen eine Gesamtüberplanung „Ruhrpromenade – Innenstadt 31“ inklusive der Überarbeitung „des gesamten unausgegorenen Ruhrbania-Verkehrskonzeptes“. Die MBI und viele Bürger haben „das Fiasko immer und immer wieder vorhergesagt und sie wurden als nörgelnde Minderheit in die Ecke gestellt“, so Fraktionschef Lothar Reinhard. Jetzt mit dem Kaufhof-Gebäude das gleiche Spiel zu wiederholen, sei finanziell absolut nicht mehr drin und mache auch keinen Sinn.