Mülheim.

Manch einer spricht schon von der letzten Chance: Bis Ende des Jahres hat die Rosco Unternehmensgruppe aus Bad Hersfeld Zeit, um für sich eine endgültige Entscheidung zu einer möglichen Großinvestition in das alte Kaufhof-Gebäude zu treffen. Am 31. Dezember läuft die Ausstiegsklausel aus dem Kaufvertrag ab, den der Projektentwickler mit Eigentümer Jochen Hoffmeister abgeschlossen hat.

Wie weit die Unternehmensgruppe in ihren Planungen für eine Wiederbelebung des Handelsstandortes ist, lässt sich derzeit nicht in Erfahrung bringen. Rosco schweigt beharrlich. Der Kaufinteressent bringt 25-jährige Erfahrung in der Entwicklung von Einzelhandelsimmobilien mit. Darunter etwa der Neubau der Galerie Neustädter Tor in Gießen, einem mit 85 700 m2 Bruttogeschossfläche wuchtigen Komplex mit 80 Mieteinheiten und 1060 Parkplätzen.

90 % Handelsbesatz

Der Kaufhof in Mülheim ist fünf Nummern kleiner. Möglicherweise ein Fingerzeig für das Rosco-Engagement zwischen Schloßstraße und Ruhrbania könnte die Revitalisierung eines ehemaligen, 40 Jahre alten Hertie-Hauses in Bietigheim-Bissigen sein, dessen Eröffnung Rosco im März 2012 gefeiert hat. H&M, C&A, Depot (Wohnaccessoires), ein Bäcker und ein Restaurant sind dort gestartet. H&M sowie C&A dürften im Entwicklungsfall Mülheim für Rosco keine Ansprechpartner bei der Akquise von Ankermietern sein. Beide sind bereits im Forum ansässig.

Zu hören ist, dass Rosco in Mülheim mit 90 % Handelsbesatz in einer umgebauten Kaufhof-Substanz plant – ein ehrgeiziges Ziel, schließlich gilt das 2. Obergeschoss Branchen-Experten als untauglich, um Kunden dorthin zu locken. Pläne, im oberen Gebäudeteil ein Fitnesscenter unterzubringen, soll Rosco aber verworfen haben.

Tengelmann hat Interesse

Es bleibt im Unklaren, an welchem Mieterkonzept der Investor derzeit feilt. Lediglich klar scheint, dass ein großflächiger Lebensmittelmarkt einer der Ankermieter werden soll. Tengelmann bestätigte jüngst auf WAZ-Anfrage sein „sehr großes Interesse“ daran, in ein revitalisiertes Kaufhof-Gebäude einzuziehen. Das Mülheimer Unternehmen bestätigte laufende Gespräche mit Rosco. Der Investor soll derweil auch um Tengelmann-Konkurrenz buhlen.

Kein Neubau geplant 

Eine Bauvoranfrage unbekannten Inhalts hat Rosco bereits gestellt. Im Planungsamt ist sie positiv beschieden worden. Klar ist: Es soll keinen Neubau geben. Auch soll – anders als bei den gescheiterten Plänen für ein 100 Mio. Euro teures Ruhrbanium – keine Schneise diagonal durch das Gebäude zu Ruhrbania geschlagen werden.

Kaufhof-Eigentümer Jochen Hoffmeister wird sich schon glücklich schätzen, dass nach langer Suche überhaupt ein ernsthafter Kaufinteressent gefunden wurde, der das Haus gewillt ist zu entwickeln. Möglich ist deshalb, dass Hoffmeister der Rosco Unternehmensgruppe Ende des Jahres nicht die Pistole auf die Brust setzen wird. Möglicherweise wird er die Frist für die Entscheidung zu einem Rücktritt vom Kauf verlängern, sollte Rosco noch Zeit verlangen für die Suche nach Mietern, die dem Standort Zukunft garantieren und eine Investition absichern könnten.

Um die Leerstandsimmobilie interessanter für Investoren zu machen, hatte Hoffmeister schon vor geraumer Zeit rund 420 m2 umliegende Fläche von der Stadt hinzugekauft. So hat sein Grundstück nun einen rechteckigen Zuschnitt.

Verheerende Wirkung für den Handel

Seit Juni 2010 steht das Haus schon leer, mit teils verheerender Wirkung für den Handel im direkten Umfeld, dem der wichtige Frequenzbringer fehlt. Immer öfter ist deshalb hinter vorgehaltener Hand auch aus der Stadtverwaltung zu hören, dass ein Abriss Thema werden müsse, wenn sich nicht schnell eine Lösung für den Standort finde.

Der Kaufhof sei dann als „Schrottimmobilie“ ohne Zukunft anzusehen. Das Land NRW hatte jüngst erneut klargemacht, dass verwahrloste Gebäude nicht länger zu dulden seien.