Mülheim. .
Erneut sind die Träume wie Seifenblasen zerplatzt: Projektentwickler Rosco wird nicht in die Wiederbelebung der Kaufhof-Immobilie investieren. Das Unternehmen aus Bad Hersfeld machte jetzt fristgerecht sein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag geltend. Zuvor hatte Eigentümer Jochen Hoffmeister es abgelehnt, die Frist für die Investitionsentscheidung nochmals um Monate zu verlängern.
Ostersonntag wäre die letzte vereinbarte Frist verstrichen. Wie Eigentümer Hoffmeister der WAZ auf Anfrage bestätigte, haben beide Vertragsparteien einen Tag zuvor den Schlussstrich gezogen. Der Kaufvertrag wird rückabgewickelt. Rosco habe sich nochmals eine Fristverlängerung bis Oktober erbeten. „Einen Monat und ein paar Tage hätte ich vielleicht noch gemacht“, sagte die Mülheimer Immobilien-Größe.
Knackpunkt Verkehrsführung
Das Gebäude aber noch mal bis Oktober allein für Rosco freizuhalten, war ihm offenbar zu wacklig. Gründe für seine Entscheidung nannte Hoffmeister nicht. Zuletzt hatte ihm Planungsamtsleiter Martin Harter kurz vor seinem Abschied nahegelegt, Rosco die gewünschte Zeit zu geben. Hoffmeister könne in den kommenden Monaten mit dem Leerstand ohnehin nichts anfangen. Für einen Abriss etwa seien die Planungen längst nicht so weit. Wie Harter sollen dem Vernehmen nach mehrere Verantwortungsträger der Stadt gegenüber Hoffmeister argumentiert haben. Erfolglos. Offensichtlich hatte Hoffmeister das Zutrauen in Rosco verloren, zu zäh soll es nach temporeichem Start im vergangenen Sommer zuletzt vorangegangen sein. An „fünf, sechs Knackpunkte“ habe Rosco bis zuletzt noch keinen Haken machen können. Laut Hoffmeister war ein Thema die Verkehrsführung, die aktuell nicht für die Anbindung des Kaufhofes sorgt, die Rosco sich gewünscht hat. Auch seien wichtige potenzielle Mieter noch nicht so weit gewesen, dass sie sagen konnten: Jawohl, der Standort entspricht unserem Anforderungsprofil.
„Jetzt ist die Messe gesungen“, stellte Hoffmeister fest. Er steckt selbst noch in der Finanzierung für den Kaufhof. Zins und Tilgung, der Unterhalt des Leerstands sind eine Last. „Mir kann aber keiner den Vorwurf machen, dass ich den Kaufhof gekauft habe“, sagt er. Eine „Heuschrecke“ wäre für Mülheim doch weitaus unbequemer als „ein Mülheimer Kind“, dem die Stadt am Herzen liege. „Ich hätte das Ding auch günstig in Schuss bringen und an Billigläden vermieten können. Das will ich aber nicht.“
Reaktivierung als Einzelhandelshaus doch noch nicht vom Tisch?
„Vielleicht“, sagt er, „kommt ja doch noch der Reiter mit dem weißen Schimmel vorbei.“ Wie er das meint? Nun, sagt der Unternehmer: Allein in der vergangenen Woche hätten sich zwei frühere Interessenten für den Kaufhof wieder bei ihm gemeldet, um zu erfragen, ob dieser weiter vertragsgebunden sei. Den potenziellen Investoren schwebe Ähnliches vor wie Rosco: die Reaktivierung als Einzelhandelshaus.
Nach dem Ausstieg des Investors Rosco bleibt Mülheims Innenstadt die schwere Last des Kaufhof-Leerstands an exponiertester Stelle zwischen Schloßstraße und Ruhrpromenade. Was werden soll, weiß derzeit niemand. Greift Hoffmeister nach den letzten Strohhalmen für einen Erhalt des Hauses – oder lässt er den Komplex auf eigene Kosten abreißen, um das Grundstück für eine spätere Vermarktung frei von Ballast zu haben? Alles ist offen.
Bemüht, den Weg zu ebnen
„Stillstand und Leerstand jedenfalls ist der schrecklichste Zustand“, sagte Planungsdezernent Peter Vermeulen am Donnerstag in einer ersten Reaktion auf die gescheiterten Investitionspläne von Rosco. Überrascht gab sich auch Vermeulen nicht, dass der Projektentwickler die Biege gemacht hat. Diesen Ausgang habe in letzter Zeit „die zögerliche Art und Weise“ vermuten lassen, die Rosco bei der Klärung noch offener Fragen an den Tag gelegt habe.
Vermeulen stellte noch einmal klar, dass der Stadt in dieser wichtigen Zukunftsfrage die Hände gebunden seien, Antworten könne nur Privateigentümer Hoffmeister finden. Im gescheiterten Projekt mit Rosco habe sich die Verwaltung jedenfalls „bemüht, den Weg zu ebnen“. Mehr könne die Stadt nicht tun. Sie habe schließlich kein Geld, um das Gerundstück zu erwerben und umzusetzen, was auch der Wunsch der Stadtgesellschaft sei: ein Abriss, eine Parzellierung des Grundstücks und schließlich eine kleinteilige Bebauung, die einen freien Blick von der Schloßstraße hin zur Ruhr gewähre.
Refinanzierung sichern
Bis dieser Wunsch, wenn überhaupt, Wirklichkeit werden könnte, würde reichlich Zeit vergehen. Eigentümer Hoffmeister denkt zwar auch über einen Abriss nach, will sich naturgemäß dafür aber eine Refinanzierung sichern – und zwar über den Betrieb eines Parkplatzes auf geräumten Grund. So lange, bis die Abrisskosten eingespielt sind.
Plaungsdezernent Peter Vermeulen ist kein Freund der Parkplatz-Idee. „Schwierig“ sei das, zumal ein Parkplatz auf dem Kaufhof-Areal den städtischen Parkflächen Konkurrenz machen würde. „Planungsrechtlich aber würden wir es Herrn Hoffmeister nicht verwehren können.“ Der Immobilienbesitzer selbst gibt sich eher zurückhaltend, zumal nach dem Rosco-Aus zwei andere potenzielle Investoren wieder angeklopft haben sollen. Ein Abriss könne „in einem halben Jahr, in einem Jahr oder in zwei Jahren kommen“, so der Unternehmer. „Vielleicht bleibt das Gebäude aber auch stehen.“
Das Aktenzeichen Kaufhof bleibt also weiterhin ungelöst. „Da muss ich jetzt durch“, sagt Unternehmer Jochen Hoffmeister. Und räumt gleichzeitig ein: „Aber irgendwann muss da mal eine Entscheidung getroffen werden.“
Da ist er ganz auf der Linie vieler Mülheimer, die durch die Sogwirkung des Kaufhof-Leerstands den kompletten Niedergang der Innenstadt zementiert sehen.