Mülheim. .
Gesicherte Gärten für Demenzkranke gibt es schon. Am Rande des Selbecker Fliedner-Dorfes entsteht jedoch eine Anlage, deren Planung und Nutzung wissenschaftlich begleitet wird. Man möchte herausfinden, wie Bewegung im Freien auf den körperlichen und psychischen Zustand der Senioren wirkt, um die Ergebnisse anschließend auf den städtischen Alltag zu übertragen.
„Urbane Räume für ein gesundes Alter“ ist die Studie überschrieben, an der viele Partner beteiligt sind. Die Fäden laufen am Institut für Stadtplanung und Städtebau der Universität Duisburg-Essen zusammen. Die Theodor Fliedner Stiftung wirkt mit, Landschaftsplaner sowie die Abteilung für Psychiatrie des LVR-Klinikums Essen, die den Forschungspart übernimmt.
Bewegung kann den Kranken helfen
Oberärztin Dr. Ute Fiedler weist darauf hin, dass es schon jetzt rund eine Million Demenzpatienten in Deutschland gibt. „Bis 2020 werden es wohl 50 Prozent mehr sein.“ Man habe indes festgestellt, dass körperliche und geistige Aktivität sich günstig auswirkt: „Bewegung kann u.a. die Tag-Nacht-Rhythmik und das Schlafverhalten positiv beeinflussen.“
Bei Demenzkranken ist beides oft stark gestört. Um für die Mediziner ein Forschungsfeld zu schaffen, hat Diplom-Ingenieurin Sonia Teimann auf rund 1100 qm Freifläche neben dem Fliedner-Dorf den neuartigen Demenzgarten entworfen, wo zuvor nur Obstwiese und Brombeergestrüpp waren.
Ihre Doktorarbeit soll dies werden, für die sie Erfahrungen mit anderen Anlagen ausgewertet hat. So wird es in Mülheim „bewusst keine Teiche geben, aus Sicherheitsgründen“. Statt dessen plätschern zwei hübsch gestaltete Wasseranlagen, am Wegrand steht eine „Reizstimulationsbank“ aus hellem Holz. Auf Sitz- und Lehnenflächen sind frische Rasenstreifen gepflanzt, zum Berühren echter Grashalme, „wenn die Leute sich nicht mehr auf den Boden setzen können“. Anderswo regen Handläufe zu Bewegung an.
Dinosaurierzahnstocher
Damit orientierungsschwache Menschen zurückfinden zu ihrem Haus, hat man übergroße Mikadostäbchen senkrecht gestellt. Die Dorfbewohner hätten den hölzernen Wegweisern schon Spitznamen gegeben, amüsiert sich Matthias Dargel, Vorstandsvorsitzender der Fliedner-Stiftung: „Dinosaurierzahnstocher“.
Ab April werden Demenzkranke täglich, systematisch durch diesen Garten geführt. Letztlich möchte man aus der Studie „für den öffentlichen Raum lernen“, so Prof. Dr. J. Alexander Schmidt, Projektleiter an der Uni Duisburg-Essen. „Bestenfalls: für die Gestaltung der Innenstädte, um Eigenständigkeit möglichst lange zu erhalten.“
Die Baukosten für den Demenzgarten werden auf insgesamt 188.000 Euro beziffert.
Fördergelder kommen von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW (80.000 Euro) und der Deutschen Fernsehlotterie (62.000 Euro). Den Rest, rund 46.000 Euro, bestreitet die Flieder-Stiftung aus Eigenmitteln.