Mülheim. Die „Kleine Bühne“ ist ein Amateur-Theater, das quasi ambulant unterwegs ist. Mit Lyrik und Kleinkunst reisen sie zu den Auftrittsorten. Über Theater in Zeiten des demografischen Wandels spricht die WAZ mit dem Leiter Volkmar Spira.

Die „Kleine Bühne“ wurde vor fünfeinhalb Jahren als Schwester des Mülheimer Backsteintheaters ins Leben gerufen. Ein Amateur-Theater, das mobil, quasi ambulant unterwegs ist. Das Ensemble reist mit „Artistengepäck“ zu den Auftrittsorten. Mit Lyrik und Rezitationen, Kleinkunst, Szenen- und Pantomimenspiel, alles mit musikalischer Note versehen. Über Theater in Zeiten des demografischen Wandels spricht Leiter Volkmar Spira.

Die Menschen werden immer älter, sind weniger mobil. Wie kann Theater darauf reagieren?

Volkmar Spira: Theater kann so darauf reagieren, wie auch die Kulturarbeit am Ev. Krankenhaus konzipiert ist. Wir müssen sehen, dass die Menschen, die nicht mobil sind, erreicht werden. Entweder, indem wir sie aufsuchen, was wir mit der Kleinen Bühne machen, oder aber indem wir dafür sorgen, dass sie an den Aufführungen teilnehmen können. Bei der großen Bühne des Backsteintheaters ist es so, dass Patienten in Rollstühlen oder mit Infusionsständern ins Kasino kommen. Wir haben auch schon Betten da gehabt. Damit haben wir gute Erfolge. Das ist es ja, was unser Modell eines Theaters unter dem sozialen Dach ausmacht.

Wäre das auch eine Idee für ein Profi-Theater?

Spira: Profi-Theater haben ganz andere kulturelle Herausforderungen, als wir sie haben. Wir haben paritätische und soziale Ansprüche. Und beiden müssen wir gerecht werden.

In welchen Einrichtungen spielen Sie mit der Kleinen Bühne?

Spira. Wir sind in sozialen Einrichtungen, also in Alteneinrichtungen, mit zwei Typen von Veranstaltungen: Mal spielen wir für die ehrenamtlichen Helfer. Wenn sie ihren Jahresdank von der Einrichtung bekommen, laden sie uns regelmäßig ein. Ganz neu hinzugekommen ist das Haus Abendfrieden in Kettwig. Wir gehen auch in unsere Wohnstifte im Dichterviertel, Uhlenhorst oder in Raadt. Zum siebten Mal waren wir jetzt im Ruhrgarten. Und dort sind wir dann tätig für die alten Menschen.

Können ältere Menschen einem ganzen Theaterabend folgen?

Spira: Darauf schneiden wir unsere Programme ein bisschen zu und fokussieren sie. Auch damit es nicht zu lange dauert. Dabei achten wir vor allem auf die Elemente, mit denen man ältere Menschen erreicht.

Was wäre das?

Spira: Es sind kleine Szenen dabei, aber auch humorvolle Dinge. Wobei dieses Publikum auch sehr vielgestaltig ist. Als wir zum Beispiel unsere Dichterprogramme aufgeführt haben, stellten wir fest, dass einzelne Damen und Herren in den Seniorenheimen die Texte mitsprachen.

Achten Sie bei der Auswahl der Programme darauf, dass sie zu der Generation passen?

Spira: Ja, auch. Wir versuchen, die Leute im Rahmen ihres Langzeitgedächtnisses zu erreichen. Wir haben aber bei Veranstaltungen immer auch die Angehörigen dabei. Und die sind wesentlich jünger. Die müssen genauso angesprochen sein. Wir haben immer den Anspruch, uns zu fragen, wie würde uns das gefallen, wenn wir da säßen.

Welche Dichter haben Sie schon gebracht?

Spira: Wir haben z.B. Heinz Erhardt im Programm „Alles Theater – Satire Pur“ mit drin. Viele merken erst jetzt, dass in all seiner Blödelei viel Sinngehalt steckt und gesellschaftliche Besonderheiten gespiegelt werden. Er hat Tiefe, die man erst auf den zweiten Blick erkennt.