Mülheim. .
Die Kleinstadt Hückeswagen hat etwas in den Händen, was Mülheim gut gebrauchen könnte: ein Gerichtsurteil, das die Nachfolgeorganisation der West LB zur Zahlung eines millionenschweren Schadenersatzes an die Stadt im Oberbergischen verdonnert.
Hückeswagen hatte wie Mülheim gegen die West LB auf den Wert des Schweizer Franken gewettet, wie Mülheim Millionen Euro verloren – und, mutiger als Mülheim, erfolgreich gegen die Bank geklagt. Das Landgericht Köln hat Hückeswagen nun vollen Schadenersatz dafür zugesprochen, weil die West LB die Stadt an der Wupper vor Abschluss des Wettgeschäftes nur mangelhaft beraten habe.
Ein Fingerzeig für Mülheim
Dieses Urteil ist ein Fingerzeig für Mülheim. Denn es beweist, an was Mülheimer Verantwortliche in Verwaltung und Teilen der Politik lange Zeit nicht denken mochten: Es gibt die Chance, die bei aberwitzigen Wetten auf Zinsen und Währungen verzockten Millionen für den Steuerbürger wiederzuholen.
Noch vor zwei Jahren hatte die Stadt nach einem wegweisenden Urteil des Bundesgerichtshofes jegliche Betroffenheit kategorisch verneint. Vergeblich hatte sie lange nach jenem Urteil versucht, ihr unter Ex-Kämmerer Gerd Bultmann eingefädeltes Wettdesaster unter dem Teppich zu halten. Bis heute verwehrt sie der WAZ die Einsicht in ein internes Gutachten des Rechtsamtes, das vor Jahren keine Schadenersatzansprüche der Stadt gegenüber Banken oder leitenden Beamten aus dem eigenen Haus gesehen hat. Und dessen Quintessenz in nur einem einzigen Satz in einer Vorlage für den Stadtrat erwähnt worden war. Die Klage der WAZ auf Akteneinsicht hatte Erfolg vor dem Verwaltungsgericht, über die Berufung der Stadt befindet nun höchstrichterlich das Oberverwaltungsgericht.
"Bad Bank" der WestLB
Zurück zum Hückeswagen-Urteil: Das Landgericht Köln hat der Klage der Stadt auf Schadenersatz für die Verluste aus mehreren Wetten zu 94 % stattgegeben, darunter das komplette Geschäft mit der Wette auf den Schweizer Franken (CHF-Plus-Swap). Insgesamt wurde die Erste Abwicklungsanstalt als „Bad Bank“ der West LB, bei der ein Teil des Swap-Portfolios der ehemaligen Landesbank abgewickelt wird, zu Schadenersatz von knapp 1,4 Mio. Euro zuzüglich 5% Zinsen verurteilt.
Das Gericht begründete die Schadenersatzpflicht damit, dass die West LB die Stadt im Vorfeld des Vertragsabschlusses nicht über den anfänglich negativen Marktwert der Wetten aufgeklärt hat, der der Bank die Erzielung eines Gewinns ermöglicht habe. Den Streitwert des Verfahrens legte das Gericht auf knapp 21,5 Mio. Euro fest.
Weitere 3 Millionen Euro Miese drohen
Mülheim rechnete für seine Wette auf den Franken bis Ende Dezember mit einem Verlust von 2,88 Mio. Euro. Die Wette läuft noch bis Ende August 2015 – bei weiter starkem Franken drohen noch mal rund 3 Mio. Euro Miese. Die Stadt versucht aktuell, außergerichtlich Schadenersatz geltend zu machen (wir berichteten). Reagiert die West LB-Nachfolgerin nicht darauf, bleibt der Stadt bis Ende Juni Zeit, um eine Klage einzureichen.