Mülheim. .
Susanne Grutkamp liebt ihren Garten. Er ist das kleine Idyll hinter ihrem Haus an den Denkhauser Höfen. Ein Ort, mit Windspielen in den Blumentöpfen, Zierblumen und Fahnenmast.
Dort sitzt sie gerne mit Familie und Freunden, grillt und feiert mit ihnen. Ihre Geranien blühten noch, als im August die Bagger anrollten und einen riesigen Krater in diesen Lieblingsort schaufelten. Der Kampfmittel-Räumdienst operierte eine zehn Zentner schwere Bombe aus dem Erdreich ihres Gartens. Heute, knapp vier Monate später, ist längst Gras über die Sache gewachsen.
250 Kilogramm Sprengstoff
Jahrelang spielten, tanzten und tobten Susanne Grutkamp und ihr Mann Jürgen mit den drei Söhnen auf einem Großkaliber, das so fragil war wie ein rohes Ei. Wer konnte schon ahnen, dass unter ihrem Garten seit über 60 Jahren 250 Kilogramm Sprengstoff lagerten? Hätte die Familie das gewusst, wäre sie sicher auf Zehenspitzen durchs Gras gehopst.
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Heute schlüpft Susanne Grutkamp wieder gerne in ihre Gartenschuhe – und führt die Besucher routiniert über den Hof durch die Garage auf den Rasen neben das Vogelhäuschen. Tatsächlich ist von der offenen Wunde, die im August in ihrem Rasen klaffte, nicht mal mehr eine Narbe übrig geblieben. „Die Fläche ist nun sogar ebener als vorher“, sagt die 50-Jährige, während sie mit ihrer Hand die Hügel nachzeichnet, die vorher das Bild des Gartens prägten. Froh sei sie, dass sich der Trubel nun gelegt habe, die Wiese wieder dicht mit Gras bewachsen ist. Da muss sie lachen: „Man, was war das eine Aufregung.“
Als hätte ein Maulwurf gewütet
Der Garten wurde zur Gefahrenzone, als am benachbarten Kindergarten gebaut werden sollte. Routinemäßig durchleuchteten die Bauplaner das Erdreich der Umgebung, – und machten schließlich den Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg sichtbar. „38 Probebohrungen haben sie hier gemacht – da sah die Wiese aus, als hätte ein Maulwurf gewütet.“
Als klar war, dass es sich hier um ein besonders schweres Exemplar handelt, wurde schnell reagiert. Ein paar schlaflose Nächte später, am 24. August, war Stichtag für die Operation Bombenentschärfung. Als erstes wurde Grutkamps Zaun aus den Angeln gehoben, damit das schwere Gerät des Kampfmittel-Räumdienstes über die Einfahrt des Kindergartens in den Garten gelangen kann. Der Bagger pflügte sich durch die Beete bis zur Stelle, an der er die Bombe freilegen musste.
Entwarnung nach 22 Minuten
Natürlich war ganz Dümpten zu diesem Zeitpunkt bereits evakuiert, auch Familie Grutkamp musste raus aus der Sperrzone. „Wir sind zu meiner Mutter auf der Heimaterde und haben dort bange Minuten durchgestanden.“ Mulmig sei ihr da zumute gewesen. „Man weiß ja nie, ob nicht doch was passiert.“ Im Lokalradio verfolgten sie die Entschärfung und waren erleichtert, als Sprengmeister Peter Giesecke nach 22 Minuten Entwarnung gab – der Garten ist wieder sicher.
Nach der Entschärfung fuhren Susanne Grutkamp und ihre Männer schnell wieder nach Dümpten. Sogleich umringte die Familie ein Tross aus Journalisten, die sie filmten, wie sie sich vorsichtig an die drei Meter tiefe Grube herantasteten und es nicht fassen konnten. „Wir haben hier gelebt, gespielt und getobt, meine Kinder sind hier groß geworden.“ Nachbarn kamen und umarmten die Familie, einige hatten erst einige Tage zuvor Susanne Grutkamps 50. Geburtstag mitgefeiert.
„In meinem persönlichen Jahresrückblick war das auf jeden Fall der Höhepunkt des Jahres“, sagt die sympathische Frau mit der lilafarbenen Strähne im Haar. Nur über eines ärgert sie sich: Die vielen Menschen und Kamerateams versperrten die Sicht auf die Bombe. „Dabei hätte ich mir das Ding gerne mal aus der Nähe angeschaut.“