Mülheim. .

Spricht man mit Politikern, so ändert sich doch nichts. Diese Meinung vertrat Martin Kolkmann in der WAZ-Frage des Tages und er steht damit nicht alleine da, was Politiker wie Arno Klare, SPD-Parteigeschäftsführer, beunruhigt.

Hat der Mann nun Recht?

Arno Klare: Seine Meinung ist weit verbreitet, aber sie ist nicht richtig. Es gibt in Mülheim etliche Beispiele, an denen sich zeigt, dass Bürger durchaus etwas bewegen können, wenn sie mit Politikern reden. Und sie sollten dies auch weiterhin tun, es lohnt sich.

Dann nennen Sie uns bitte mal Beispiele.

Klare: Es gibt zum Beispiel in Dümpten einen älteren Herrn, der versucht hat, die Entfernungspauschale für Arbeitnehmer gerechter zu gestalten. Wir haben mit ihm mehrfach geredet, seine Ideen in einen Antrag für den Bundesparteitag gebettet. Die Idee dieses Bürgers war letztlich Bestandteil des Wahlprogrammes der SPD geworden. Oder: Nehmen wir die Idee des Jugendstadtrates, in Mülheim Flatrate-Parken einzurichten. Ein Vorschlag, der jetzt von der Verwaltung ernsthaft geprüft wird.

Woher kommt das Gefühl vieler Bürger, bei den Politikern kein Gehör zu finden?

Klare: Es ist ein Vorurteil. Wer das sagt, hat es vielleicht noch nie selbst ausprobiert. Politik geht heute viel intensiver auf Menschen zu als früher, muss sie auch angesichts der sinkenden Zustimmung. Früher, als Parteien noch absolute Mehrheiten hatten, wurde viel mehr im stillen Kämmerlein ausgeheckt. Heute sind doch die Parteien geradezu bemüht, einen intensiven Bürgerdialog zu bekommen. Bei der SPD in Mülheim etwa bieten inzwischen sechs Ortsvereine Spaziergänge mit Bürgern an, um zu hören, was diese bewegt, was sie wünschen, vorschlagen. Da geht es oft um Kleinigkeiten, eine Hecke, die die Sicht versperrt, eine Bank, die man sich wünscht. Ich schätze, dass in 60 bis 70 Prozent dieser Fälle anschließend auch etwas passiert.

Wie erklären Sie sich dann die Entstehung so vieler Bürgerinitiativen?

Klare: Ein Phänomen der Zeit. In der Regel geht es um ein besonderes Anliegen. Das ist in Ordnung. Die Initiative gegen Fracking (Pressen von gefährlichen Chemikalien ins Erdreich zur Gewinnung von Erdgas d.Red.) in Mülheim ist so ein Beispiel. Da erstaunt es mich immer wieder, was sich Bürger in kurzer Zeit für ein Wissen aneignen. Davon profitiert auch Politik im Dialog. Unser Ziel muss es sein, Politik noch viel besser zu erklären. Mancher Unmut basiert schlicht auf Missverständnissen.