Mülheim.
Wo hört Theater auf, wo fängt die Fabrik an? Diese Frage stellen sich Besucher beim Kunstprojekt Big Banana, das derzeit in der Dezentrale des Ringlokschuppens an der Leineweberstraße stattfindet. Studierende der Angewandten Theaterwissenschaft der Uni Gießen produzieren in Kooperation mit dem Ringlokschuppen in Acht-Stunden-Schichten verschiedene Produkte. Als eine Art Live-Performance entstehen Föne, Gipsköpfe, Kronen, Säcke und Torf-Taler. Am Ende werden die Waren zu einer Riesen-Banane zusammen gepappt.
In einer Fabrik wird gearbeitet, nicht geplaudert. Und so richten sich die Blicke der Frauen und Männer, die an neun Stationen arbeiten, konzentriert auf ihre Aufgaben. Sie pinseln Köpfe aus Gips mit Neonfarbe an und kleben Plastikföne zusammen. Einen ganzen Berg Klamotten hat eine Kollegin noch abzuarbeiten, sie tunkt T-Shirts in weiße Farbe und stülpt sie einem Plastik-Torso über. Ihre Kollegin an der Station gegenüber schmiert Matsche auf die Torf-Taler, die sie zum Trocknen in Papp-Regale packt. Wie jede Firma hat auch diese ein eigenes Büro, in dem der Papierkram erledigt werden muss.
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Dort dreht sich Ben B Ruby im Bürostuhl – er ist Pressesprecher der Firma Big Banana. Im wahren Leben heißt Herr Ruby Arne Salasse und studiert Angewandte Theaterwissenschaft an der Uni Gießen. Zusammen mit Studienkollegin Ruth Schmidt konzipierte er die Installation in der Dezentrale. Seit vier Wochen bereiten sie den Aufbau und die Arbeit in der Big-Banana-Fabrik vor. „Wir haben sie Stück für Stück aufgebaut“, sagt Arne Salasse. „Wir produzieren typische Konsumartikel aus typischen Materialien und stellen den Produktionsprozess aus.“
Produkte werden zur Banane
Während der Öffnungszeiten können Besucher der Belegschaft beim Arbeiten zuschauen, sie dabei beobachten, wie sie Sandsäcke nähen und befüllen oder Schaumstoff-Chips ausschneiden. Die Warenberge wachsen immer weiter – am Ende stehen die Produkte zum Verkauf. „Die Preise reichen von 4 bis 400 Euro“, sagt Arne Salasse. Die Idee dahinter: zeigen, wie sich Massenproduktion entwickelt. Die Grenze zwischen Kunst und Konsum verwischt.
„Es soll nicht direkt als Theater erkennbar sein.“ Und so blicken immer wieder Fußgänger fragend durch die Sehschlitze in den Schaufensterscheiben und entdecken erst auf den zweiten Blick, dass hier Kunst stattfindet. Am Ende des Projekts werden die Überproduktionen zu einer sieben Meter großen, kolossalen Banane verarbeitet und auf dem Platz vor der Dezentrale aufgebaut. „Wie Besucher das Spektakel und die Installation interpretieren, bleibt jedem selbst überlassen“, sagt der Initiator. Genug geplaudert, Ben B Ruby muss wieder an die Arbeit. „Die Produktion darf nie stillstehen.“