Uschi Zimmermann wohnt schon länger im SWB-Hochhaus auf der Platte, Christa Synoracki sogar schon sehr lange. Seit Jahresbeginn haben die Freundinnen neue Kontakte geknüpft, zu den Teilnehmern von „2-3 Straßen“. Sie finden: „Dieses Projekt wertet das ganze Haus auf.“

Bei Christa Synoracki im siebten Stock schellte Anfang Januar ein neuer Flurnachbar an, um sich vorzustellen: Rudi Jörg-Fromm, pensionierter Lehrer aus der Schweiz und Mitwirkender am Kulturhauptstadt-Projekt. Tags zuvor war er aus Zürich hergezogen, „nur mit einem Koffer“, erfuhr die 78-Jährige und half mit den wichtigsten Küchenutensilien aus. Eine Leiter, die sie ihm borgte, arbeitete Jörg-Fromm in eine Kunstinstallation ein, korrekter Weise als „Leihgabe“ gekennzeichnet. Christa Synoracki und Uschi Zimmermann waren zur Vernissage geladen und hatten „viel Spaß“.

Uschi Zimmermann lernte Jannie Schmitz, die junge Designerin aus Venlo und gleichfalls Projektteilnehmerin, irgendwann auf dem Gang im neunten Stock kennen. Töpfe oder Geschirr brauchte Jannie nicht, ließ sich aber gerne zwei Kuchenrezepte geben. Vergangene Woche haben die beiden gemeinsam Berliner Brot gebacken. Offenbar ist es gut gelungen „und war am nächsten Tag weg“.

Christa Synoracki und Uschi Zimmermann waren auch schon beim Grillabend von und mit den Projektteilnehmern, bei einer Filmvorführung, beim Kaffeeklatsch. Ein junger Mann („sehr hilfsbereit“) setzte Frau Zimmermanns Drucker in Gang. Demnächst soll jeden Mittwoch im Sandkasten vor der Tür Boule gespielt werden, da hätten die Damen auch Interesse („auf jeden Fall“). Leider war das Wetter noch nicht danach.

Die Idee, die hinter den „2-3 Straßen“ als sozusagen lebendigem Kunstwerk steht, könnten sie zwar nicht nachvollziehen, sagen beide. „Aber“, so Christa Synoracki, „ich freue mich, dass die Leute hier sind. Sie sind eigentlich alle nett, locker, ein bisschen Künstler.“ Doch den allermeisten Hochhausbewohnern sei das Projekt völlig egal.

Uschi Zimmermann zog 2001 aus Duisburg an den Hans-Böckler-Platz, um näher an ihrem Arbeitsplatz zu sein. Die heute 65-Jährige leitete ein Callcenter in Broich, nicht selten in Zwölf-Stunden-Schichten. „Ich brauchte nur ein Bett und ein Dach überm Kopf. Was hier im Haus war, hat mich gar nicht gejuckt.“ Auf jeden Fall sehr heruntergekommen sei es gewesen.

Bereits seit 1985 wohnt Christa Synoracki im SWB-Haus. Nach der Trennung von ihrem damaligen Lebensgefährten sei sie „notgedrungen“ eingezogen. Beide Mieterinnen erinnern sich sehr lebhaft an schlimme Zustände, nur einige Beispiele: Schmutz auf den Fluren, Bauschutt im Müllschlucker, brennende Briefkästen, Kakerlaken in der Küche und Ratten, die ihnen „über die Füße liefen“.

Einige Leute hätten „viel Unruhe und Dreck ins Haus gebracht“, sagt Christa Synoracki. „Meine Töchter haben immer gesagt: ,Zieh’ aus!’ Ich bin froh, dass ich es nicht gemacht habe.“ Denn nachdem auch die jahrelange Komplett-Renovierung überstanden ist („die Lärmbelästigung war grauenhaft“), habe sich viel verbessert. „Die Krawallmacher sind raus“, meint Syno­racki und nennt den Nachbarschaftskontakt speziell auf ihrer Etage gut, „obwohl ich die einzige Deutsche bin.“ Neben Menschen aus Pakistan, der Türkei, Russland, Usbekistan und – seit Januar – eben der Schweiz.

Ein Jahr bleiben die Projektteilnehmer wohnen, darum erklärt Christa Synoracki, bei aller Sympathie: „Ich möchte mich auch nicht zu sehr dran gewöhnen. Nachher sind sie alle weg.“