Mülheim. . Knapp 95 Mio. Euro Defizit weist der Mülheimer Etat aus. Eine Lösung, um das Haushaltsloch zu stopfen, wäre die Erhöhung der Gewerbesteuer. FDP und CDU warnen derweil vor einer negativen Signalwirkung einer Steuererhöhung.
Knapp 95 Mio. Euro Defizit weist der Etatentwurf von Kämmerer Uwe Bonan für 2013 aus. Blickt man auf die Einnahmenentwicklung der vergangenen fünf Jahre bei der Gewerbesteuer, so könnte man (oberflächlich) den Schluss ziehen: Hätte es keinen dramatischen Einbruch bei den Steuereinnahmen gegeben, könnte Mülheim seinen Haushalt beinahe ausgleichen. Doch so schnell wird die Gewerbesteuer nicht wieder so sprudeln wie im Jahr 2007.
2007 – die große Ausnahme
Vor fünf Jahren hat die Stadt 175,15 Mio. Euro durch die Gewerbesteuer vereinnahmt – mit Abstand der Spitzenwert in der Steuerstatistik. Heinz Braun (SPD), Vorsitzender des Finanzausschusses, erklärte ihn jüngst mit der Sonderzahlung eines einzigen Unternehmens, das seinen Gewerbeertrag zuvor in Hessen versteuert hatte, nachträglich aber in Mülheim veranlagt wurde.
2007 war das Jahr, das die Stadt entgegen der Planungen letztmalig mit einem kleinen Plus bilanzieren konnte. In den Folgejahren sanken die Einnahmen kontinuierlich, teils in großen Schritten auf 89,65 Mio. Euro in 2011.
Die Ursachen
„Hierzu haben mehrere Gründe beigetragen“, sagt Bonan. Er nennt die Unternehmenssteuerreform 2008, sie habe rund 25 Mio. Euro an Steuervorauszahlungen gekostet. Zweiter wesentlicher Grund sei wohl die Ertragssituation in den Großunternehmen. Bonan konstatiert einen Einbruch aufgrund der Wirtschafts- und Eurokrise. Sinkende Steuerzahlungen der hiesigen Stahlbranche machten „den mit Abstand größten Teil des Rückganges aus“. Die Auftragslage der Unternehmen sei nach Kenntnis der Kämmerei zwar nicht schlecht, jedoch hätten die steuerrelevanten Gewinne bei Weitem nicht mehr das Niveau wie zuvor.
Eine unsichere Einnahmequelle
Die Gewerbesteuer bleibt eine unsichere Einnahmequelle. Nicht nur, weil Bonan feststellen muss, dass von den Daten der Steuerschätzung, die der kommunalen Familie in Deutschland insgesamt mehr Einnahmen versprechen, keine verlässlichen Plandaten für Mülheim abzuleiten sind. Auch ein Problem: Städte sind bei dieser Einnahmequelle überaus stark von der wirtschaftlichen Situation einiger weniger Großunternehmen abhängig. Beispiel Gewerbesteuer-Vorauszahlung: Da leisten in diesem Jahr die 30 Top-Steuerzahler allein rund 50 % der gesamten Vorauszahlungen in Mülheim. Überhaupt wurde in diesem Jahr nicht einmal jeder fünfte Gewerbetreibende in Mülheim zur Gewerbesteuer veranlagt. Die Stadt zählte 3063 Gewerbesteuerzahler.
Mehrheit der Politik gegen Steuererhöhung
Für die Haushaltskonsolidierung setzt Kämmerer Uwe Bonan insbesondere auf erhöhte Gewerbesteuereinnahmen. Seinem Vorschlag, den Gewerbesteuer-Hebesatz nach 2011 schrittweise weiter zu erhöhen (ab 2013: 490 statt 480 %; ab 2015: 520 %; ab 2018: 550 %; ab 2021: 580 %), steht eine politische Mehrheit aus CDU, MBI und FDP allerdings ablehnend gegenüber.
Von der Anhebung des Hebesatzes verspricht sich Bonan allein im nächsten Jahr eine Mehreinnahme in Höhe von rund 1,9 Mio. Euro. Mit der letzten geplanten Erhöhung ab 2021 rechnet er im Vergleich zu heute mit einem Steuerplus von 25,5 Mio. Euro.
Im Finanzausschuss warnten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP, Wolfgang Michels und Peter Beitz, vor vermeintlich negativen Signalwirkungen einer Hebesatz-Erhöhung für ansässige wie ansiedlungswillige Unternehmen. Beitz verwies dabei auf eine Umfrage der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr, wonach 88 % der befragten Unternehmen ihre Ansiedlung in einer Stadt davon abhängig machten, wie viel Steuern sie am Standort zu zahlen hätten.
Bonan wies diese Darstellung als unvollständig zurück. Die Höhe der Gewerbesteuer-Hebesätze sei zwar ein Kriterium für eine Standortentscheidung, aber ein untergeordnetes. „Ich glaube nicht, dass der Hebesatz da die entscheidende Stellschraube ist.“