Mülheim. .
Die Idee ist fast zehn Jahre alt: Mülheim bringt den Fluss an die Stadt, schafft eine Flaniermeile, errichtet attraktives Wohnen am Wasser und beschert den Menschen ein mediterranes Lebensgefühl in Cafés und Restaurants an der Ruhr. Toll – oder? Ruhrbania ist nach wie vor wenig beliebt. Bei der aktuellen Leitbild-Debatte ergab eine repräsentative Befragung zu Ruhrbania sehr ernüchternde Zahlen, und auch unsere Abstimmung auf derwesten.de mit 4250 Bewertungen gibt kein gutes Stimmungsbild ab. Wo bleibt die Vorfreude?
Die Planer. Kein anderer als Klaus Beisiegel, Referent im Bau- und Planungsdezernat, war so viel unterwegs in Sachen Ruhrbania. An die 200 Vorträge hat er gehalten. Sein Urteil: „Einer kleinen, aber aktiven Gruppe von Gegnern ist es gelungen, dieses Projekt mit viel Skepsis zu versehen – bis zum heutigen Tag.“ Und die Zeit spiele eine Rolle. Ruhrbania dauert Jahre, erlebt Verzögerungen, bringt Dreck, Staub und Lärm. Das, so Beisiegel, nähmen die Menschen wahr wie die vielen erforderlichen Änderungen in der Verkehrsführung. Die Folge: Verwirrung statt Vorfreude. Dennoch ist Beisiegel überzeugt: Das Image wird kippen, wenn die Menschen erst einmal am Ufer in der Sonne sitzen und einen Cappuccino trinken.
Der Architekt. Der aktuelle Baukomplex, der zweite von geplanten vier oder fünf, stammt aus der Feder von Matthias Pfeiffer. Der Düsseldorfer Architekt stuft die Bevölkerung in Mülheim als „relativ konservativ“ ein. Veränderungen seien da halt nicht besonders beliebt. Hinzu komme: „Vieles in der Welt mag schneller geworden sein, aber nicht Stadtplanung. Zehn Jahre für ein solches Projekt sind nicht viel.“
Mülheim, ist Pfeiffer nach wie vor überzeugt, hat mit Ruhrbania die große Chance, bundesweit in Zukunft ein neues Bild abzugeben. Die Städte Hanau und Ludwigshafen nennt er als vergleichbare Städte, die sich auch stark veränderten. Doch dort gebe es so etwas wie Vorfreude. Pfeiffer ist sicher, dass sich Begeisterung in Mülheim einstellen wird, vielleicht schon in einem Jahr. Es gehe nicht nur um Steine, sondern auch um ein neues Lebensgefühl, das sich einstellen soll.
Die Politiker. Peter Beitz (FDP) hält Ruhrbania nach wie vor für ein gutes Unterfangen. „Notwendig und wichtig“ sei es auch für die Stadtentwicklung an anderer Stelle, dabei nennt er die neue Hochschule und das geplante Max-Planck-Institut. Für die Menschen, die dort forschen, lehren und lernen, müsse die Stadt auch Angebote schaffen – zum Wohnen wie zum Entspannen, zum Unterhalten. Ruhrbania passe dazu. Nur müsse Ruhrbania wieder positiv besetzt werden. „Das ist derzeit nicht der Fall.“
Vielleicht auch deshalb nicht, weil selbst Politiker, die für das Städtebau-Projekt gestimmt haben, wie Wolfgang Michels (CDU), sagen: „Der große Wurf ist es bisher nicht“. Er bedauert: „Wir hätten zuerst definieren sollen, was wir haben wollen und uns dann einen Investor suchen sollen.“ Zuviel Hindernisse hat es aus seiner Sicht bisher gegeben – bis hin zur ungelösten Frage: Was wird aus dem Klotz Kaufhof? Als besonders ärgerlich stuft Michels zugleich die Abholzung vieler Bäume ein. „Wir entgrünen unsere Innenstadt.“
Noch kritischer äußert sich Lothar Reinhard von den Mülheimer Bürgerinitiativen: „Wir haben den Fluss eher zugebaut als ihn an die Stadt geholt.“ Die bisherige Architektur erinnert ihn an „Plattenbau“. Er ärgert sich, dass es bisher nicht gelungen sei, die Planung an der Ruhrpromenade erst einmal zu stoppen, auch wegen der Kosten.
Der Bauherr. Es geht weiter, auf Baufeld II, allerdings auch mit etwas Verzögerung. Ursprünglich sollte der Baubeginn in diesen Tagen erfolgt sein. Jetzt heißt es: „Start bis Ende des Jahres“, so MWB-Geschäftsführer Jürgen Steinmetz. Man halte am Einzugstermin Anfang 2014 fest. Wohnen, Medizin, Gastronomie lautet dort das Ziel. Es passe, so Steinmetz, gut in die Entwicklung der Stadt.