Mülheim. .
Petra Lefken (53) führt ein außergewöhnliches Leben. Sie arbeitet in mehreren Berufen, bekennt sich zum Buddhismus und lebt seit 2007 mit ihren beiden großen Neufundländer-Hunden in einem Waldhaus in der Jakobsbrunnensiedlung am äußersten westlichen Stadtrand. Auf 3500 Quadratmetern Grundstück haben die Tiere reichlich Auslauf. Wenn Lefken unterwegs ist, hindern sie jeden ungebetenen Gast daran, das Grundstück zu betreten. Sie braucht nicht einmal abzuschließen.
Aber damit ist es im Sommer 2013 vorbei, wenn es nach der Stadt geht. Denn Petra Lefken hat keinen (schriftlichen) Mietvertrag dafür. Und sie hat sich selbst verpflichtet, dann auszuziehen. „Nur, wer nimmt mich mit den beiden großen Tieren auf?“, fragt sie sich heute und wünscht, sie hätte dem Vergleich vor Gericht nie zugestimmt.
Investitionen satt Miete
Seit 1928 waren die Vorfahren von Gerd Grenz Pächter des Anwesens. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte es in das Eigentum der Stadt. Grenz’ Pachtvertrag verlängerte sich alle paar Jahre automatisch. Grenz, sagt sie, war froh, sie als Mieterin gefunden zu haben. Denn das Waldhaus war heruntergekommen. Sie entmüllte es, baute ein Bad und einen Kamin ein, verputzte einen Teil der Wände und erfüllte die Auflage der Stadt, eine größere Sickergrube anzulegen. Im Gegenzug, sagt sie, sollte sie so lange mietfrei wohnen, bis ihre Investitionen von rund 15 000 Euro abgegolten waren. „Das haben wir per Handschlag besiegelt.“
Schriftlich gibt es das nur in einer Fassung, die von Grenz nicht gegengezeichnet wurde. Denn dazu kam es nicht mehr. Ihr Vermieter starb 2008. Seine Nachkommen schlugen die Erbschaft aus.
Behandelt wie eine Hausbesetzerin
Fortan hatte Petra Lefken es direkt mit der Stadt zu tun. Und die, sagt sie, habe sie zunächst wie eine Hausbesetzerin behandelt, verlangte die sofortige Räumung. Der Mieterbund, berichtet sie, habe ihr dagegen den Rücken gestärkt und zuvor die Abgeltung des Rests ihrer Investitionen durch die Stadt gefordert.
Darauf ging die Stadt nicht ein und erhob Räumungsklage. Die verzögerte sich, weil Grenz’ Pachtvertrag mit seinem Tod nicht erledigt war, sondern mangels Erben der Fiskus, das Amtsgericht Moers, Nachlassverwalter wurde. Und weil keine Mietzahlungen Lefkens erfolgten, berief sich die Stadt auf ein außerordentliches Kündigungsrecht, nahm auch keine Pacht-Nachzahlung von ihr an. Als die Stadt ihr auch noch die Abrisskosten für das Waldhaus aufbürden wollte, stimmte sie im Oktober 2011 dem Vergleich zu, das Grundstück bis 30. Juni 2013 zu räumen.
Aufgabe der Siedlung?
Petra Lefkens Angebot, wenigstens bis zum Tod ihrer inzwischen neun Jahre alten Hunde dort wohnen bleiben zu können, hatte die Stadt abgelehnt. „Wenn ich die Hunde hier nicht halten könnte, könnte ich gar nicht den ganzen Tag arbeiten gehen, müsste Hartz IV beantragen“, gibt sie zu bedenken. Das käme die Stadt viel teurer. Außerdem gebe es in der Nachbarschaft noch Pachtverträge mit 35 Jahren Laufzeit. An die schnelle Aufgabe der Siedlung sei sowieso nicht zu denken. Andere Grundstücke seien auch seit Jahrzehnten untervermietet. Und die Bauten auf dem Grundstück ihres Vorvermieters, ebenfalls in der Siedlung gelegen, hätten nach ihrem Auszug auch noch drei Jahre bis zum Abriss leer gestanden.
Für Frank Berges vom städtischen Immobilien-Service hat Petra Lefkens keine handfesten Argumente für einen Verbleib im Waldhaus. Von anderen langfristigen Pachtverhältnissen weiß er nichts. Nach dem öffentlichen Recht, sagt er, handele es sich bei der Siedlung um Wald. Der Stadt geht es darum, Grundstück für Grundstück der Natur zurückzugeben. Das Haus halte zudem den Anforderungen des Baurechts nicht stand. „Für uns sind das Behelfsbauten“, sagt er. Daran ändere auch die neue Sickergrube nichts. Ohne sie hätte sich Lefken gar strafbar gemacht.
Lefken ist nicht erwünscht
Eine Genehmigung des Hauses selbst bedeute sie nicht. Pächter Grenz wäre verpflichtet gewesen, die Zustimmung der Stadt zur Untervermietung einzuholen. Das sei nicht der Fall. „Frau Lefken bewohnte das Grundstück ohne Wissen und Wollen der Stadt“, so Stadtsprecherin Anke Degner. Bereits ihr gegenwärtiger Verbleib sei nur ein Entgegenkommen. Würde das ein Dauerzustand, ginge davon ein falsches Signal aus.