Mülheim. .
Sie treten an, um zu kandidieren. Fünf SPD-Mitglieder wollen für ihre Partei bei der Bundestagswahl ins Rennen gehen und Anton Schaaf folgen. Die Entscheidung, wer’s wird, fällt Mitte November; davor stellen sich Pietro Bazzoli, Arno Klare, Daniel Mühlenfeld, Alexander Stock und Johannes Terkatz in drei öffentlichen Anhörungen vor. Die erste fand Dienstag in der Stadthalle statt. Eine Analyse.
Der Gewerkschafter: Pietro Bazzoli (43), Maschinenschlosser, Betriebsratsvorsitzender bei Siemens, seit 24 Jahren Mitglied der SPD. Schwerpunkte: Arbeit, Soziales, Wirtschaft und Energie.
Er ist Gewerkschaftler durch und durch, Arbeit ist sein Thema und auch, wenn er über Bildung spricht, ist er schnell bei Qualifizierung und Fortbildung. Bazzoli hat Zahlen vor sich liegen, spricht aber frei. Dabei kann er emotional werden, bringt Forderungen teils eindringlich vor, hebt die Stimme. Er ist ein routinierter Redner und bei seinen Themen sattelfest. Nachfragen zu seinen Ausführungen gibt es keine.
Der Erfahrene: Arno Klare (60), Lehrer, SPD-Geschäftsführer, seit 40 Jahren in der SPD. Schwerpunkte: Bildung, Soziales, Mobilität, Sicherheitspolitik.
Er ist in der SPD fest verwurzelt und tritt selbstbewusst auf. Mehrfach verweist er auf seine Erfahrungen. Er spricht frei im kumpeligen (Ruhrgebiets-)Ton, ist aber pointiert und greift die meisten Themen auf, von Mindestlohn (pro) bis Fracking (conta). Klare muss sich den meisten Fragen stellen: Vorratsdatenspeicherung, Leitkulturdebatte, Jeki – die Themen sind vielfältig. Keines bringt ihn in Bedrängnis, und er hat auch die Lacher auf seiner Seite.
Info
Viermal stellen sich die fünf Kandidaten vor – in drei öffentlichen Anhörungen und einer parteiinternen.
Aus den Themen „Energie, Umwelt, Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung“ können die Kandidaten beim nächsten Hearing am Dienstag, 30. Oktober 2012, wählen. Am Dienstag, 13. November 2012, soll es dann um Außenpolitik und Verteidigung, um Europa, Kommunales, Finanzen sowie um Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz gehen. Alle Veranstaltungen beginnen um 18 Uhr in der Stadthalle.
Der Ehrgeizige: Daniel Mühlenfeld (35), Historiker, Politikwissenschaftler, seit 18 Jahren SPD-Mitglied. Schwerpunkte (in diesem Hearing): Arbeit, Soziales, Innere Sicherheit, Jugend.
Geht in diese erste Anhörung am kämpferischsten, nennt sich selbst den besten Kandidaten und positioniert sich als jungen Vater, der „für Familien sprechen“ will statt „über“ sie. Er liest seine vorformulierten Statements ab und überzieht die Redezeit am deutlichsten. Auch Fragen beantwortet er druckreif, mit verschachtelten Sätzen. Mühlenfeld wählt als einziger das Thema „Innere Sicherheit“. Nachfragen haben die Zuhörer an ihn keine.
Alexander Stock und Johannes Terkatz
Der Jüngste: Alexander Stock (31), Diplom-Sozialwissenschaftler, Mitarbeiter im Landtag, Ratsmitglied. Schwerpunkte: Arbeit, Bau- und Wohnungspolitik, Sport und Kultur.
Markige Zitate wie „Ich sag’ was ich tu’ und ich tu’ was ich sage“ mag Stock, der neben Jugendpolitik als einziger die Baupolitik thematisiert. Er spricht frei, ist aber der einzige, der öfter nach Worten suchen muss. Auf Nachfragen aus dem Publikum reagiert er teils unsicher und erntet für die Aussage, dass er die Sozialversicherungsbeiträge senken würde, hörbare Ablehnung.
Der Souveräne: Johannes Terkatz (47), Diplom-Verwaltungswirt, Ratsmitglied, Vorsitzender der SPD-Winkhausen, seit 14 Jahren in der Partei. Schwerpunkte: Familien, Soziales, Umwelt.
Zu Beginn wirkt er am nervösesten, doch legt er die Aufregung schnell ab und erhält für seine Statements mehrfach Zwischenapplaus. Terkatz ist der einzige, der versucht, die vorgegebene Redezeit von drei Minuten einzuhalten. Er fasst sich kurz und kommt in Sachen Rente und Familienpolitik auf den Punkt. Terkatz liest seine Statements ab, geht aber auch ohne vorformulierten Text mit mehreren Nachfragen souverän um, zeigt sich im Thema.