Mülheim.
Die SPD demonstriert Vielfalt, nicht nur bei den Kanzler-Kandidaten. In Mülheim bewerben sich gleich fünf Genossen im Wahlkreis 118, der auch Borbeck umfasst, um den möglichen Sitz im Deutschen Bundestag. Es könnten sogar noch mehr werden, denn der eigentliche Wahl-Parteitag findet erst im November statt. Doch daran glaubt der Unterbezirksvorsitzende Lothar Fink nicht so recht. Er sitzt fünf Männern gegenüber und ist stolz: „Das ist ein Zeichen für eine lebendige Partei.“
Das Quintett wird in den nächsten Wochen auf die Bürger zugehen, in mehreren Diskussionsrunden sich stellen. „Wir wollen ein sehr transparentes Auswahl-Verfahren“, betont Fink und will damit demonstrieren: Hinterzimmer gibt es in der SPD nicht (mehr). Nach jeder öffentlichen Diskussionsrunde, die in der Stadthalle stattfinden werden, sollen alle SPD-Mitglieder und teilnehmenden Bürger ein Votum abgeben: Wer wäre der Beste für Berlin? „Ich glaube nicht“, so Fink, „dass sich der Wahl-Parteitag über so ein Votum hinwegsetzen wird.“
Wer sind die Männer?
Arno Klare ist mit 60 Jahren der älteste in der Runde, was er nicht gerne hört und sogleich auch mit einer sportlichen Leistung auftrumpft: 50 Kilometer mit dem Rad im 30er-Schnitt! Klare ist eigentlich Lehrer, hat Philosophie und Germanistik studiert. Er managt aber schon länger keine Schulklasse mehr, sondern die Geschäfte der Partei in Essen und in Mülheim. Mindestens 15 Wahlkämpfe hat er auf dem Buckel und weiß, wovon wer spricht, wenn er sagt: Wir müssen Politik besser erklären und den Menschen mehr Mitsprache einräumen. Klare ist Polit-Stratege: So manches Parteikonzept der SPD, das über die Stadt hinaus Anwendung fand, stammt aus seiner Feder.
Johannes Terkatz ist 47 Jahre alt, von Beruf Diplom-Verwaltungswirt. Er arbeitet im Jugendamt der Stadt Oberhausen und ist Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Winkhausen. Umweltthemen und Familienpolitik liegen ihm am Herzen. Er habe lange mit seiner Familie darüber gesprochen, ob er sich bewerben soll für einen Job, der jedes Familien-Leben umkrempelt, viel Zeit frisst und nicht immer in Lobeshymnen endet. Die Familie stimmte zu. An Kondition dürfte es Terkatz nicht mangeln – er läuft Marathon.
Der Jüngste in der Runde ist mit 31 Jahren Alexander Stock. Sozialwissenschaftler und Mitarbeiter von Abgeordneten. Seit der letzten Wahl gehört er wie Terkatz dem Mülheimer Rat an. Er sieht in Jugend-, Frauen- und Familienpolitik große Herausforderungen und findet, dass die Politik sich noch viel intensiver mit dem Thema prekäre Beschäftigungsverhältnisse befassen sollte. Stock kümmert sich in der SPD Mülheim vor allem um das Thema Nachwuchsförderung: Wie kann die Partei neue, vor allem junge Mitglieder gewinnen? Auch für ihn gilt hier: Der Dialog ist in der Politik der Schlüssel zum Erfolg.
Der Sohn der Oberbürgermeisterin
Mit einem großen Bekanntheitsgrad geht Pietro Bazzoli ins Rennen, 43 Jahre alt, gelernter Maschinenschlosser, Betriebsratsvorsitzender bei Siemens. Drei Kinder hat er und sagt, auch das bringe eine Menge für Politik nützliche Erfahrungen. Bazzoli weiß, wo die Menschen der Schuh drückt. Insbesondere in der Arbeitnehmer-Politik sähe er sein Spielfeld in Berlin, und da gebe es noch viel zu verbessern, meint er: von der Flexibilisierung der Arbeitszeit über Hilfen für Alleinerziehende bis hin zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.
Der fünfte in der Runde hat in Mülheim den bekanntesten Namen. Ihm wurde Politik quasi in die Wiege gelegt: Daniel Mühlenfeld, Sohn der Oberbürgermeisterin, und auch der Vater ist seit vielen Jahren ein aktiver Kommunalpolitiker. Politik und Geschichte hat der 34-Jährige studiert und arbeitet heute bei der Energieversorgung Oberhausen in der Kommunikationsabteilung. Das Wahlkreisbüro von Anton Schaaf, dem amtierenden SPD-Bundestagsabgeordneten, hat er geleitet, war in der Ausbildung von Polizisten aktiv und hat auch im Bankwesen Erfahrungen gesammelt. Eine Auszeit hatte Mühlenfeld im letzten Jahr genommen, um mit der Familie die Frage zu klären: Welche Rolle soll Politik künftig in meinem Leben spielen? Mit der Bewerbung ist die Entscheidung gefallen. Seine Themen: Energie/Technologie, Arbeit und Soziales.
Gang von Tür zu Tür
Favorit? Gut möglich, dass es auch noch zu einer Mitgliedervollversammlung kommt, die dann entscheidet. Fink hält alle Bewerber für geeignet, die Stadt in Berlin zu vertreten. Nur eine Erwartung formuliert er bereits für den Unterbezirk: Man wünsche sich eine starke Präsenz des Abgeordneten auch in Mülheim. Eine Forderung, die Klare als Parteigeschäftsführer unterstreicht: „Wir brauchen nicht noch mehr Papier, sondern mehr den Gang von Tür zur Tür.“