Mülheim.

Wenn sich am „Tag des offenen Denkmals“ am 9. September alles um den Baustoff Holz dreht, wird auch ein Gebäude auf der in Mülheim zu besichtigenden Liste der Häuser stehen, das man nicht unbedingt als Denkmal ansieht: Dafür ist es noch viel zu neu. Dennoch hat der Glockenturm im Fliedner-Dorf interessante Aspekte zu bieten.

„Wir wollten auch etwas Modernes mit aufnehmen“, sagt Melanie Rimpel von der Unteren Denkmalbehörde, die den Tag des offenen Denkmals in Mülheim koordiniert. Holz kenne man hauptsächlich bei Fachwerk und im Dachstuhl, es sei bei Konservierungen und Restaurierungen ein Thema. Anders als etwa in Süddeutschland gebe es bei uns keine Tradition mehr, mit Holz zu bauen. „Am Bodensee, zum Beispiel, findet man auch Einfamilienhäuser mit hochwertigen Details aus Holz“, sagt Melanie Rimpel. Sie schätzt aber, dass der Baustoff eine Renaissance erleben wird. „Holz kommt wieder.“

Der Aspekt Holz

Unter dem Aspekt Holz sind am 9. September die Alte Dreherei mit ihrem Holztragwerk, das Kloster Saarn, das Schloß Broich und der Wasserturm, das Tersteegenhaus und die Kirchen St. Theresia von Avila und St. Michael zu besichtigen.

Der Glockenturm im Fliedner-Dorf in Selbeck wird von seinem Architekten, dem Mülheimer Gunvar Blanck, interessierten Besuchern am 9. September um 14 Uhr in einem Vortrag vorgestellt. Eine Besteigung des 25 Meter hohen Glockenturms, der eine Seitenlänge von 4,50 m hat, wird allerdings aus Sicherheitsgründen nicht möglich sein.

Ein Glockenstuhl, 25 Meter hoch

Die fünf Glocken werden geläutet, damit Besucher die außergewöhnliche Stimmung des Glockenspiels erleben können, erläutert der Architekt, der auch die Geschichte der fünf Täufer-Glocken kennt. Einst schwangen sie in einer Rundkirche auf dem Fliedner-Gelände, die in den 1960er Jahren geschlossen und abgerissen wurde. Die Glocken wurden aufbewahrt, einen Turm zu bauen, schien lange zu teuer.

2005 wurde der hölzerne Glockenturm nach den Plänen von Gunvar Blanck errichtet. „Normalerweise baut man einen massiven Turm, und obendrauf einen hölzernen Glockenstuhl“, erläutert der Architekt. „Hier handelt es sich um einen 25 Meter hohen Glockenstuhl“. Das „Erdgeschoss“ des Turms ist bis zu einer Höhe von 2,50 m mit Holz verkleidet, danach folgt eine Textilfassade aus speziellen Fasern. Die ist wichtig, damit der Schall nur durch bestimmte Öffnungen entweichen kann, erklärt Gunvar Blanck. Das verkleidete „Gerüst“, also der Glockenstuhl, ist einerseits ein Resonanzraum und hat andererseits gewaltig was zu tragen.

Großer Klang durch das Holz

Mit einer Pfahlgründung hat Blanck den Turm acht Meter tief im Boden verankern lassen. Drei Tonnen wiegen die Glocken, und wenn sie schwingen, „dann ziehen abwechselnd 25 Tonnen an den Fundamenten“, erklärt Blanck. „Der Glockenturm ist ein sehr technisches Bauwerk, aber eben auch ein Instrument. Durch das Holz entsteht ein besonders schöner Klang.“

Glockenspiele sind übrigens viel komplizierter, als ein Laie sich das denken kann: Der Glockenklang des Fliedner-Turms wurde mit dem der Selbecker Kirche abgestimmt, erklärt Gunvar Blanck, „damit sich keine Disharmonien ergeben“.