Mülheim-Holthausen.

Sie laufen sichtlich auf Hochtouren, dauern aber länger als erwartet, die Umbauarbeiten an der ehemaligen Jugendherberge am Kahlenberg. Eigentlich sollten schon im Laufe dieses Jahres die ersten Mieter in das herrlich am Ruhrufer gelegene Haus einziehen können. Nun gehen sowohl der neue Eigentümer als auch der zuständige Architekt davon aus, erst im Frühjahr 2013 fertig zu werden.

Sehr zurückhaltend äußerte sich am Montag Bauherr Rainer Schell, der das denkmalgeschützte Gebäude Ende Februar 2011 offiziell von der Stadt erworben hat. „Es gibt nichts Neues“, meint der Mülheimer Unternehmer, Inhaber der Schell Grundstücksverwaltung. „Am Gebäude war vieles zu machen, was man vorher nicht so genau sehen konnte. Es hat länger gedauert, aber es geht voran.“

Arbeitslärm aus dem Inneren des Hauses

Vor Ort, an der Mendener Straße Nummer 3, überragen ein Bau- und ein Autokran das mehr als 120 Jahre alte Baudenkmal. Die dunkelrot gestrichene Fassade ist eingerüstet, die ehemalige Großküche links der Eingangstür hat man abgerissen, auf den alten Grundmauern werden hier gerade neue Außenwände errichtet. Aus dem Inneren des Hauses dröhnt Arbeitslärm. Wenn man in den Flur tritt und die Kellertreppe hinabsteigt, wird der Krach ohrenbetäubend: Im Untergeschoss kämpfen zwei Arbeiter mit Hilfe von Drucklufthämmern gegen Steinbrocken, die zerlegt werden müssen, damit man einen Aufzug einbauen kann.

Parkende Wagen würden stören

Hinten rechts neben der früheren Herberge, wo einst Felswand war, tut sich jetzt eine geräumige Grube auf. Hier soll eine Tiefgarage entstehen, damit keine parkenden Wagen das Gesamtbild stören, was auch im Sinne des Denkmalschutzes wichtig ist. Die Zufahrt fehlt noch, sie muss über etliche Meter ausgekoffert werden, wie ein Mitarbeiter einer beteiligten Baufirma erklärt.

Bereits fertig und gepflastert ist die Rampe, die hoch zum Haus führt. Sie soll, wie der zuständige Architekt Thomas Eiling bereits im vergangenen Dezember erklärte, eine Bodenheizung bekommen, damit hier im Winter niemand Schnee schippen muss. Wie der fertige Umbau aussehen soll, nämlich: wiedererkennbar auf den ersten Blick, zeigt eine Skizze auf dem großen Bauschild, das am Fuße der Auffahrt steht. Es wirbt für „Wohnen am Kahlenberg“ und kündigt acht Einheiten an, einen Bürobereich und eine Tiefgarage.

Wohnungen zwischen 80 und 240 Quadratmeter groß

Die Wohnungen würden zwischen 80 und 240 Quadratmeter groß, sagte Thomas Eiling am Montag, dessen Architektur- und Ingenieurbüro in Ahaus sitzt. Der Architekt schilderte noch einmal den bisherigen Verlauf des anspruchsvollen Vorhabens und einige besonders harte Brocken im Zuge der Bauarbeiten, bei denen sie „eine Überraschung nach der anderen“ erlebt hätten.

„Wir haben ewig gebraucht, um die Tiefgarage in den Felsen zu bekommen“, so der Architekt. „Da dort Landschaftsschutzgebiet ist, können Sie ja nicht wie im Steinbruch einfach sprengen.“ Vielmehr seien hydraulische Pressen zum Einsatz gekommen.

Vor allem aber hingen die Verzögerungen damit zusammen, dass Teile des hölzernen Dachstuhls verfault waren und stückweise ausgetauscht werden mussten. Am heutigen Dienstag, so Eiling, hätten sie erneut ein Gespräch mit Vertretern der Unteren Denkmalbehörde. Anschließend könne man wohl genauer sagen, wann der gesamte Umbau fertig wird. Beide Seiten äußern sich übrigens mit ihrer bisherigen Zusammenarbeit zufrieden: „Es läuft aus unserer Sicht normal und reibungslos“, sagt auch Stadtsprecher Volker Wiebels.

Noch keine Wohnung vergeben 

Gleichwohl: Da das idyllisch gelegene Gebäude denkmalgeschützt ist, sind weiterhin viel Fachkenntnis und Fingerspitzengefühl vonnöten, wie Architekt Thomas Eiling bestätigt. Bei den Fenstern zum Beispiel: „Fast alle werden ausgebaut, bekommen neue Glasscheiben und werden wieder eingesetzt.“ Aber er ist zuversichtlich, dass sie „nun alle Unabsehbarkeiten passiert haben“ und „im Frühjahr“ mit dem exklusiven Mietshaus fertig werden.

In Eilings Büro gingen übrigens schon etliche Anrufe von Interessenten ein, die dort am Ruhrufer gerne wohnen würden: „Jeder will etwas kaufen“, sagt der Architekt, „aber das ist nicht möglich. Man kann sich nur als Mieter bewerben.“ Bislang sei aber noch keine der acht Wohnungen vergeben.

Jugendherberge ist seit 2010 Geschichte

Seit Ende 2010 ist die Jugendherberge am Kahlenberg Geschichte. Wie hat sich die Schließung auf den Tourismus in Mülheim ausgewirkt?

„Wir merken schon, dass die Jugendherberge fehlt“, sagt Angela Christians von der Touristinfo. Rund ein Dutzend direkte Anfragen nach einem Jugendherbergsplatz gehen laut Christians jährlich bei der Touristinfo ein. Es handele sich dabei um Einzeltouristen, wie Radfahrer, die am Ruhrtalradweg eine Übernachtung suchen. „Sie haben entweder einen Jugendherbergsausweis oder suchen eine günstige Übernachtungsmöglichkeit.“

Alternativen zur Jugendherberge:
Günstige Schlafplätze für Schulklassen oder Jugendgruppen gibt es auch ohne Jugendherberge in Mülheim. „Wir haben zwei Häuser, die vom Charakter und Preissegment mit einer Jugendherberge vergleichbar sind“, sagt Angela Christians.

Das Naturfreundehaus nördlich des Flughafens beherbergt sowohl einzelne Besucher als auch Gruppen oder Schulklassen. Die Preise sind mit denen in einer Jugendherberge vergleichbar: Für eine Übernachtung mit Frühstück müssen Jugendliche momentan 22 Euro zahlen, Erwachsene 24 Euro.

Zum Vergleich: In der nahe gelegenen Jugendherberge in Essen-Werden kostet derzeit eine Übernachtung im Mehrbettzimmer mit Frühstück 24,70 Euro. Auch Halb- oder Vollpension wird im Naturfreundehaus angeboten.

Noch Luft nach oben

´Keine Verpflegung gibt es hingegen bei Mülheims zweiter Alternative zur Jugendherberge, dem „Haus Müga“ an der Cäcilienstraße. Neben Mehrbettzimmern sind dort auch Einzelappartements und Ferienwohnung mit integrierter Küche vorhanden. Das Haus Müga wird laut Touristinfo besonders von Sportvereinen genutzt. Eine Übernachtung im Mehrbettzimmer gibt es hier derzeit ab 17 Euro, Einzelzimmer ab 20 Euro.

Freie Kapazitäten
Haus Müga und das Naturfreundehaus kompensieren den Wegfall der Jugendherberge ausreichend, heißt es von der Touristinfo. „Wir haben sogar noch Luft nach oben“, sagt Christians.

Jugendherberge Kahlenberg

Jugendherberge Kahlenberg. Foto: Roy Glisson / WazFotoPool
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