Mülheim. .

Ein Zuhause. Selten ist es so wertvoll, so gesucht wie in der Weihnachtszeit. Eugen und Angelika Meyer, die 22 Jahre lang in der Jugendherberge am Kahlenberg lebten und diese zum Jahresende verlassen, müssen sich anderswo einrichten.

An der Mendener Straße wird ausgeräumt, abgeschlossen, doch vorher nimmt sich der nicht nur aus Altersgründen scheidende Herbergsvater (63) noch einmal Zeit für ein Gespräch bei koffeinfreiem Kaffee („sonst könnte ich meinen geheiligten Mittagsschlaf nicht halten“).

Herr Meyer, sind die Mülheimer Herbergseltern schon umgezogen?

Eugen Meyer: Schon vor ein paar Wochen. Wir haben ein kleines Haus gekauft am Werdener Weg. Tausend Meter Luftlinie von hier.

Aber wohl ohne Ruhrblick.

Leider. Der wird ja bald anderen vergönnt sein, was ich sehr bedauerlich finde.

Dabei denken Sie vermutlich nicht nur an Ihre private Wohnqualität . . .

Nein, es ist einfach schade, dass das Haus nicht mehr als Jugendherberge genutzt wird. Man darf nicht vergessen: Hierher kommen auch viele Kinder aus weniger schönen Ecken, sozial schwache, das sehen Sie schon an der Garderobe. Ich bin der Meinung, dass eine Stadt wie Mülheim sich so etwas leisten muss! Das hier ist ein Haus der Bürger.

Der Essener Verein VKJ wollte es kaufen und als Kinderherberge weiterführen. Sie kennen das Angebot sicher – wie finden Sie es?

Absolut gut. Das Konzept von Herrn Kern ist tadellos, und hinter dem Verein steckt viel Potenzial.

Aber letztlich fehlte das Geld.

Aus kaufmännischer Sicht habe ich auch keine Argumente. Aber im Stillen hatte ich gehofft, dass der alte Erivan Haub noch mal hinlangen würde. Er hat uns immer sehr unterstützt und häufig genug Geld gegeben. Dieses Mal nicht. Er war in Urlaub.

Die Jugendherberge verfügt über mehr als 70 Betten. Dazu kommen die Gemeinschaftsräume voller Tische und Stühle, die Küche, in der alles riesig ist – was geschieht jetzt mit dem Inventar?

Es wird alles erfasst, und dann haben andere städtische Einrichtungen Zugriff darauf. Die Kickerbälle dort (Meyer zeigt auf eine prall gefüllte Plastiktüte), die gehen an das Jugendzentrum Café Fox. Davon braucht man immer reichlich, denn jede Gruppe steckt mindestens einen Ball ein.

Sie und Ihre Frau haben immer sehr viel gearbeitet . . .

Stimmt, da sind einige Stunden zusammengekommen . . .

Was machen Sie jetzt mit der vielen freien Zeit?

Die werde ich gar nicht haben. Ich kann mich gut beschäftigen und habe noch einige Baustellen, die mich über das nächste Jahr retten.

In Ihrem neuen Haus?

Unter anderem. Außerdem bin ich Jäger, Jagdhornbläser, Angler, Sammler und gehe regelmäßig zum Sport.

Welchen Sport betreiben Sie?

Unterwasser-Rugby. Zweimal pro Woche, seit über 40 Jahren. Anfangs war ich der Jüngste, heute bin ich der Älteste.

Werden Sie es in Zukunft noch übers Herz bringen, hier am Ruhrufer an der Jugendherberge spazieren zu gehen?

Ich werde hier sehr oft spazieren gehen, vor allem, wenn das Gebäude einer neuen Nutzung zugeführt wird. Und ich werde immer einen Fotoapparat mit haben und genau beobachten, was mit meinem Haus passiert.

Ihr Haus wird es dann nicht mehr sein . . .

. . . und ich hätte nie gedacht, dass mich das so bewegt. Ich bin mehr betroffen, als ich es mir eigentlich zugestehe. Schließlich habe ich 22 Jahre lang hier gearbeitet und gelebt.

Wie wird bei den Meyers Weihnachten gefeiert?

Sehr traditionell. Als Fest der Familie mit Kindern und Enkeln. Das hat sich seit Jahrzehnten nicht geändert, und dem wird alles untergeordnet. Sonst hatten wir die Jugendherberge über die Feiertage immer zwei, drei Wochen geschlossen. Diesmal feiern wir zum ersten Mal in unserer neuen Wohnung, mit rund 20 Leuten.