Mülheim. .

Die ersten Eindrücke nach der Ankunft in London trafen gleich den guten Geschmack. Hockey-Nationalspieler Thilo Stralkowski vom Bundesligisten und deutschen Rekordmeister HTC Uhlenhorst war schier überwältigt von den Ausmaßen der Mensa im Olympischen Dorf und dem opulenten Angebot an Speisen. „Hier findet du alles, was die Küche weltweit hergibt, einfach wahnsinnig.“

Im Verlauf der Sommerspiele in der Metropole kann für Stralkowski alles noch ungleich köstlicher werden. Die DHB-Auswahl, Olympiasieger von Peking 2008 und damit Titelverteidiger, gilt als heißer Medaillenkandidat. Wenn nicht sogar dies: Go for Gold!

Von Titel zu Titel

Der Name Thilo Stralkowski verweist ohne Umschweife auf die hohe Kunst des perfekten Durchstartens. Als angehender Verkehrspilot gehört diese Disziplin zum Handwerkszeug und auch im sportlichen Bereich, ob auf Kunstrasen oder Hallenboden, besitzt dieser Begriff allemal Gültigkeit. Nachdem die Berufsausbildung zunächst dem Werdegang in der Nationalmannschaft im Weg gestanden hatte, folgte der im Stadtteil Speldorf aufgewachsene Ur-Mülheimer Ende 2010 dem Ruf von Bundestrainer Markus Weise.

Danach nahmen die Dinge in typischer Stralkowski-Manier Tempo auf: Hallen-Weltmeister 2011 im polnischen Posen, Feld-Europameister 2011 beim Heimspiel in Mönchengladbach, Hallen-Europameister 2012 beim nächsten Heimspiel der DHB-Auslese in Leipzig. „Für mich ist das alles super gelaufen. Ich bin froh, dass ich bei diesen Turnieren meinen Beitrag zum Erfolg geleistet habe.“ Aktuell stehen 49 Länderspiele zu Buche, das nächste folgt am Montag, wenn das Nationalteam mit zehn „Goldhamstern“ von Peking gegen Belgien ins olympische Turnier startet. „Ein bekannt unangenehmer Gegner, aber bei unserem Anspruch müssen wir das hinkriegen“, so der Perfektionist aus der Abteilung Attacke.

Fitnessprogramm gehört zum täglichen Ablauf

In den Tagen vor dem Abflug (das DHB-Team wurde auf dem Frankfurter Flughafen stellvertretend für alle deutschen London-Reisenden vom Deutschen Olympischen Sportbund offiziell verabschiedet) ließ es der 25-Jährige eher ruhig angehen und legte den Schläger zur Seite.

Ein Familienfrühstück im Haus der Eltern am Broicher Waldweg, bei dem Freundin Franzisca Hauke, Bundesligaspielerin bei Rot-Weiss Köln und Schwester des Nationalteam-Kollegen Tobias Hauke nicht fehlen durfte; ein paar Tage Hamburg; eine entspannende Golfpartie am Raffelberg mit Vater Horst, dem Teammanager des HTCU; natürlich gehörte das unvermeidliche Fitnessprogramm zum täglichen Ablauf. Olympische Zeiten sind keine Zeiten zum Zurücklehnen.

Olympiasieg 1992 in Barcelona

Wie es sich anfühlt, Gold in der Hand zu halten, hat ihm sein Uhlenhorster Co-Trainer Sven Meinhardt erzählt. An der Seite von Carsten Fischer, Andreas Becker und Jan-Peter Tewes gelang mit dem Olympiasieg 1992 in Barcelona der goldene Wurf. Klein-Thilo, ganze fünf Jahre jung, gehörte damals im Waldstadion zum Empfangskomitee. Und die Erinnerung an diesen Tag ist wach: „Wir Minis haben damals mit unseren Schlägern Spalier gestanden. Wir haben uns natürlich Autogramme für unsere Sammlung geholt und sind auch später immer zu unseren großen Vorbildern gerannt. Was für viele der BVB war, war für uns der HTCU.“ 20 Jahre später ist Stralkowski da angekommen, wo die so genannte goldene Generation der Uhlenhorster unauslöschliche Spuren hinterlassen hat.

Im Mai waren Stralkowski und Co. einem ehrenvollen Schnupperangebot gefolgt. Das in den Vorbereitungsmarathon der Nationalmannschaft eingebundene Olympic Test Event in der Riverbank Arena galt als große Generalprobe für die nun beginnenden Sommerspiele. „Dass wir uns gegen Australien, England und Indien durchgesetzt haben, war ein weiterer Beweis unserer Stärke. Ich habe da schon das Turnierfeeling gespürt. 8000 Zuschauer haben für einen großartige Atmosphäre gesorgt. Das ist eine ganz andere Nummer, als wenn du in der Bundesliga in Mannheim vor 100 Leuten spielst. Die Arena ist steil gebaut und fast geschlossen. Die Stimmung war einfach super.“ Dass nun Steigerungspotenzial Gültigkeit besitzt, liegt auf der Hand. Die versammelte Weltelite greift nach olympischem Edelmetall. Und wenn alles in die richtige Richtung geht, gerät der 11. August zum Premiumtag im Leben von Thilo Stralkowski: Finale in der Arena.

Ziemlich nah an den Spielen

Jüngst bei der Olympia-Einkleidung in Mainz war der Kapitän des HTCU schon ziemlich nah an den Spielen. Beim weltweit begutachteten Spektakel Eröffnungsfeier ist er am Freitag an der Seite seiner Mitspieler, zu denen der Clubkollege Jan Philipp Rabente zählt, mittendrin im Zeichen der fünf Ringe. „Das wird ein unglaubliches Erlebnis, wenn du vor 80.000 Zuschauern einmarschierst.“ Da blickt er gleich auf die Kollegen von der Leichtathletik: „Wie cool muss man sein, vor so einer Kulisse zu starten.“

Für Fanunterstützung vor Ort ist gesorgt. Die Eltern fliegen am Sonntag nach London, Bruder Ingo kommt aus seinem Wohnort New York, Mitspieler Daniel Kamphaus folgt ebenso wie der beste Freund Alexander Marxen dem olympischen Ruf, Familie Hauke macht sich in Hamburg auf den Weg. „Das wird ein Höhepunkt in meinem Leben, von dem ich noch meinen Kindern und Enkeln berichten werde. Es ist genial, dass ich das geschafft habe.“ Thilo Stralkowski hat den Platz auf der Startrampe eingenommen.