Der Schiedsrichter - Ohne Medaillenchance nach London
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Mülheim. .
Rasant und eilig kurvt Christian Blasch mit seinem Auto auf das Vereinsgelände des HTCU – wenig später im Gespräch wirkt er ruhig und überlegt. Wie auf dem Hockeyfeld: Da sind von ihm knackige Sprints gefordert, aber auch Überblick, höchste Konzentration. Als Schiedsrichter beherrscht er das. Er mischt in der Weltspitze mit.
So ist Christian Blasch vom HTC Uhlenhorst nun schon zum dritten Mal für Olympische Spiele nominiert. Seine bisherigen Eindrücke, die er im Zeichen der Ringe sammelte, beschreibt der Mülheimer so: „2004 in Athen ging es mir einfach darum, dabei zu sein, das olympische Gefühl mitzunehmen.“ Anders 2008 in Peking: „Dort habe ich mich auf das Sportliche konzentriert. Man kann nur dann Leistung bringen, wenn man nicht als Tourist unterwegs ist.“
An jedem zweiten Tag mit der Pfeife im Einsatz
In London will Blasch diese Serie fortsetzen. Die Schiedsrichter wohnen dort nicht im olympischen Dorf, sondern in einem innenstadtnahen Hotel, was er begrüßt: „Ich finde es ganz angenehm, wenn man den nötigen Abstand hat.“ Die Olympia-Teilnahme des 37-Jährigen wird ein Arbeitseinsatz, bei dem er jeden zweiten Tag ein Länderspiel pfeift. Den genauen Plan kennt er noch nicht, er wird vor Ort angesetzt.
Klar ist aber: Die Schiedsrichter werden aufs Äußerste gefordert, so dass es auch bei Christian Blasch ohne gezielte Olympia-Vorbereitung nicht ging. Drei- bis viermal pro Woche treibt er Sport: Laufen, Radfahren, Krafttraining. Der internationale Hockeyverband FIH verlangte im Vorfeld Lauf- und Fitness-Tests. Im Mai waren Blasch und die anderen Schiedsrichter im Rahmen eines olympischen Test-Events in London, um die Hockey-Anlagen in Augenschein zu nehmen, die auf dem neuesten technischen Stand mit mehreren Kameras zwecks Videobeweis ausgerüstet sind.
„Gigantisch“ findet Christian Blasch das und „nicht als Belastung“ für die Schriris: „Ich bin doch froh, wenn die richtige Entscheidung getroffen wird. Das Spiel ist mittlerweile so schnell, da kann man nicht alles sehen.“
Keine Medaille
Sicher seien olympische Begegnungen für ihn „mit einer besonderen Spannung verbunden“. Doch Blasch, der mit seinen 1,98 Metern Körpergröße das Feld aus imposanter Höhe überblickt, ist nicht der Typ, dem vor Lampenfieber die Knie zittern. Auch nicht im olympischen Turnier: „Ich empfinde eine gesunde Anspannung, aber keine Nervosität. Vor dem Spiel laufe ich lange und viel, mache mich richtig warm. Auch mit Musik, um mich zu konzentrieren.“ Spezielle Hits müssen dabei nicht aus den Kopfhörern kommen: „Das kann etwas Instrumentales sein oder auch Rock. Quer Beet.“
Allerdings: Blasch kann auf dem Feld noch so glänzen, in jedem Spiel überzeugen, er wird dennoch keine Medaille nach Hause bringen, weil er eben Schiedsrichter ist, kein Spieler. Denkbar dennoch, dass er sich manchmal auf die andere Seite träumt, wo die Olympiasieger gefeiert werden. . . „Nein“, sagt er, „ich bin da hinein gewachsen und als Schiedsrichter seit über 15 Jahren dabei. Es macht mir auf einer anderen Basis Spaß: Ich kann den Spielfluss lenken und positiv beeinflussen.“
Der Urlaub geht für die Olympiateilnahme drauf
Abgesehen davon, dass eine aktive Hockeykarriere in der Regel schon mit spätestens 30 ausläuft: „Der Aufwand, den die Athleten heutzutage treiben müssen, ist gigantisch“, weiß Christian Blasch. „Das kann man gar nicht leisten, wenn man berufstätig ist.“ Wie er, der als kaufmännischer Angestellter für ein Handelsunternehmen aus der Lederbranche arbeitet und im Job zeitweise „viel um die Ohren“ hat, auch Dienstreisen unternimmt.
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Für seinen Olympia-Einsatz muss Christian Blasch Teile seines Jahresurlaubs nehmen, was inzwischen vielleicht etwas wehtut, weil er und seine Frau einen zweieinhalbjährigen Sohn haben: Moritz. Immerhin zwei kürzere Familienferien sind dieses Jahr machbar. Als „schwer bergbegeistert“ bezeichnet sich Christian Blasch, seine Frau übrigens auch, wobei es sich mit dem Wandern momentan schwierig gestaltet: Das Söhnchen sei zu schwer, um auf dem Rücken mitgeschleppt zu werden, aber noch zu klein, um selber mitzugehen.
Mit sechs Jahren begann Christian Blasch selber mit dem Hockey, wurde als Jugendlicher mit dem HTCU vier Mal Deutscher Meister. Sein kleiner Sohn, der schon jetzt gerne mit einem Minischläger wedelt, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit auch bald zum Uhlen-Nachwuchs stoßen. „Ein Mannschaftssport“, meint der junge Vater, „ist für die persönliche Entwicklung unheimlich wichtig.“
Mannschaftssport als Familienangelegenheit
Wenn am Wochenende gespielt wird, findet sich gelegentlich die ganze Familie Blasch auf der grün gelegenen Anlage ein, die der Schiedsrichter als einen seiner Lieblingsplätze in der Stadt bezeichnet. Überhaupt ist er gerne draußen, im Grünen, im Wald, der Weltklasse-Schiedsrichter, den auf der Straße aber keiner als prominenten Sportsmann erkennt: „Und das ist auch gut so.“
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